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Der Anteil des Teufels

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In kuizen Worten an den Anfang gesetzt: dieses Buch ist wahrscheinlich nicht vollkommen, aber es ist dennoch bedeutend. Die Aufgabe, die sick der Autor gestellt haben dürfte, nämlich den Ansatzpunkt einer Satanologie oder Dämonologie des 20. Jahrhunderts festzulegen, wird es vielleicht nicht erfüllen — wenn es dazu auch seinen Beitrag liefern wird —, weil es, mag sein, oft gegen des Schreibenden Absicht, eher ein Manifest des guten Willens, eine fast pamphletistische Warnung vor den faszinierenden Maskeraden des Diabolischen, als seine Untersuchung geworden ist. Aber das kann vielleicht sogar das Wichtigere sein. Auf alle Fälle ist es ein mutiges und männliches, ein nüchternes und zugleich zutiefst optimistisches Buch, das glänzend geschrieben ist, mit einer Verve, die der Präzision nicht Abbruch tut. Man könnte es ohne Ironie und voll Hochachtung als ein Meisterstück des Kriminalromans charakterisieren — in dem der Teufel der Täter ist. Das bezeichnet die Besonderheit und die Grenzen des Buches. Dem Autor verleiht es den Rang „eines der neuartigen Kämpfer gegen die Destruktion“ (Jünger), die allenthalben langsam hervortreten. Daß diese Gegner des Nichts und des Satanischen mehr als andere unter den Angriffen des Widerparts stehen, weiß auch Rougemont: „... dieses Buch, das mehr als jedes andere vom Vorwurf, Komplice seines Vorbilds zu sein, bedroht ist!" Und es gibt in der Tat Stellen in diesem Manifest des guten Willens, in denen der Angegriffene seinen Anteil hat, doch so, wie seine Steinmaske in den Grotesken der Kathedrale festgebannt ist. Das Kapitel des Buches „Der Autor und der Teufel" mag anzeigen, daß hier während des Schreibens geistige Kämpfe zwischen dem Instinkt der einen und dem Sophismus der anderen Seite ausgefochten wurden.

Der Teufel wird hier als Stratege betrachtet, der nicht Individualitäten, sondern als moderner Teufel Massen an die Eingänge seines Reiches lockt. Ein Teufel, dessen erster und wichtigster Streich nach einem Wort Baudelaires ist, „das er uns überzeugt, er existiere night". Und dessen zweite List darin besteht, sich Alibis zu schaffen und glauben zu lassen, Hitler sei der Teufel. Aber Hitler war nicht der Teufel, höchstens einer seiner Dämonen. Und nun tauchen die Dämonen, Hilfstruppen des Satanischen, in den Beobachtungen Rougemonts auf, die Dämonen der Banalität und der Schlagwörter: der Dämon der Freiheit, die im Allesmachendürfen besteht, der Dämon der Volkstümlichkeit und der „Kunst, sich Freunde zu verschaffen", der Dämon des Erfolgs, der Sicherheit und der „generalisierten Asepsis", die den Frieden ohne Kampf, Tugend ohne Versuchung und die Gesundheit durch Desinfektion erreichen will, ja selbst der Dämon jener Kirchen, die ohne Opfer Ordnung haben wollen. Und schließlich der große und mächtige Dämon des Kollektivs, der Entpersönlichung, der Unverantwortlichkeit — dieses größten Übels unserer Zeit und unserer Welt, welche die „Kriterien der Wahrheit durch Werte der Intensität und die Achtung vor dem Guten durch die vor dem .Leben' ersetzt hat“.

Dies die im Buch ausführlich und klar- sentenziös gegebene, hier sehr abgekürzte Schilderung der Situation. Und nun die Waffen, die Rougemont wider die satanische Destruktion angibt: da der Teufel von Anbeginn seine Niederlage schon erlitten hat, liegt es am Menschen, sich zum Teilhaber des Sieges zu machen. Durch Nüchternheit, die sich nicht in die Trancen der Zivilisation und der Schlagworte versetzen läßt, durch das Annehmen der Entscheidung, die Anerkennung der Verantwortlichkeit. Durch Autonomie des einzelnen, durch Autonomie der kleinen Gruppen — hier wird zugleich mit der geistigen und sittlichen auch die soziale Ordnung zu erreichen sein. Es ist nicht Schuld des Autors, daß er wie andere die Diagnose besser zu stellen vermag, als therapeutische Vorschläge zu machen. Aber, mit seinen eigenen Einleitungsworten: Die Kenntnis der wahren Gefahr heilt uns vor der Furcht. Und sie erst, so ist hinzuzufügen, läßt nach Mitteln suchen, ihr zu begegnen.

Ein Wort noch zur Ausstattung dieser Neuerscheinung des Amandus-Verlags. Das Papier ist ausgezeichnet, Druck und Einband desgleichen. Um so bedauerlicher, daß dem Leser, der das Buch aufschlägt, als erstes eine Liste von umfänglichen Errata in die Hand fällt, was die Freude an einem neuen Buch ebensowenig erhöht als zahlreiche andere in der Liste nicht vermerkte Druckfehler.

achtliche Erfolge und Leistungen aufweisen konnte.

Der ungarische Bauer hat ein eigenes System intensiver Landwirtschaftskultur ausgebaut und in weitesten Kreisen eingeführt. Die modernsten Methoden der Vieh- und Geflügelzucht machte er sich ebenso zu eigen wie die Verfahren auf dem Gebiete des Garten-, Obst- und Gemüsebaues. Es zwang ihn das große Gesetz des Lebens, die Notwendigkeit der Entwicklung zu einer Findigkeit, deren Resultate nicht hinter den Bewässerungsmethoden der Lombardei zurückstehen. Ein Landwirt aus Cegled, Josef Unghväry, errichtete zum Beispiel, nur auf sich selbst gestellt, eine der mächtigsten, sich über mehrere hundert Joch erstreckende Obst- und Weinbaumusteranlagen auf einem Gebiet, dessen größtenteils von Flugsand bedeckte Oberfläche vorher nicht einmal als Weideland für Schafherden benutzt werden konnte. Er brachte zur Bindung des sandigen Bodens, zu dessen Verbesserung und Fruchtbarmachung solche Methoden zur Anwendung, die auf die weitere Entwicklung der Wein- und Obstbaukultur der ungarischen Tiefebene von entscheidendem Einfluß gewesen sind. Es gelang ihm, auf Grund seiner Experimente und Kreuzungen solche Reben- und Obstsorten zu züchten, die unter den gegebenen klimatischen und Bodenverhältnissen am besten gediehen. Seine Statue steht heute auf einem Platz seiner Vaterstadt. Wenn sie allerdings nicht als. . „Kulaken“-Erinnerung niedergerissen wurde. Sein Beispiel ist nur eines von hunderten. Ihm und seinesgleichen ist es zu verdanken, daß tausende und tausende Joch landwirtschaftlichen Bodens dem Flugsand entrissen und in blühende Obst- und Weingärten verwandelt wurden. Eine bäuerliche Landwirtschaft, die ein-, zwei- bis dreihundert Joch Obst- und Weingärten, mit den modernsten Geräten der Weinbehandlung ausgerüstete Kellereien, Fruchtkonservierungsanlagen und Kühlräume umfaßte, war keine Seltenheit mehr. Hunderttausende von Kleinbauern folgten diesem Beispiel bereits vor dem ersten Weltkrieg. In der Zeit nach dem Friedensvertrag von Trianon wurde dieser Prozeß noch beschleunigt. Gleichzeitig begann sich auch der Gemüsebau und die Geflügelzucht zu entfalten. Durch Veredelung ungarischer Weizensorten konnten Resultate erzielt werden, die sich einige Jahrzehnte vorher niemand hätte träumen lassen. Die Kreuzung einer ungarischen Weizensorte mit kanadischem Manitobaweizen machte es möglich, die nördliche Grenze der Weizenanbaufläche in Kanada um weitere hundert Kilomater nordwärts zu verlegen.

Es hat einzelne Städte der ungarischen Tiefebene gegeben, deren Exporterlös aus

Obst und Geflügel die jährliche Summe von zehn Millionen Pengö übertraf — und das alles wurde von kleinbäuerlichen landwirtschaftlichen Betrieben produziert. Der Londoner Weihnachtsmarkt war geradezu unvorstellbar ohne die fünfzigtausend ungarischen Masttruthähne, die dorthin exportiert wurden.

Ohne die Leistungen dieser intensiven landwirtschaftlichen Kultur der Kleinbauern wäre Ungarn vor dem Kriege nicht mehr imstande gewesen, die kulturellen, administrativen und militärischen Lasten eines modernen Staatshaushaltes zu trag en.

Das ist die Sonnenseite des Schicksals und des Lebenskampfes ungarischen Bauerntums durch ein halbes Jahrhundert. Ungarn war auf dem besten Wege, Europas Obst- und Gemüsegarten zu werden, ein Dänemark oder eine Lombardei zwischen Donau und Theiß. Über diese sich entwickelnde bäuerliche Kultur brach der zweite Weltkrieg herein. Die Schattenseite des erwähnten halben Jahrhunderts bildeten die geistlichen und weltlichen Latifundien, gegen die nach dem Frieden von Trianon die politischen Parteien Ungarns, die Kleinlandwirtschaftspartei an der Spitze, anstürmton. Diesen Latifundien gegenüber stand das schwere Los und die soziale Un- befriedigtheit einer vielhun- dertausendköpfigen Menge von Agrarproletariern, die dann ins Ausland oder schließlich in das Kollektiv wandern mußten.

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