6716973-1964_47_11.jpg
Digital In Arbeit

Die Geschichte eines Gewissens

19451960198020002020

DAS GLÜCK UND DAS HEIL. Roman von Luc Estang. Verlag J. P. Bachem, Köln. 301 Seiten. Preis 131.70 S.

19451960198020002020

DAS GLÜCK UND DAS HEIL. Roman von Luc Estang. Verlag J. P. Bachem, Köln. 301 Seiten. Preis 131.70 S.

Werbung
Werbung
Werbung

Die immer wieder heftig diskutierte Frage, ob es einen „katho- lischan“ Roman gebe und wodurch er eigentlich gekennzeichnet sei, läßt sich an diesem 1961 im Original erschienenen Werk eines Lucien Bastard, genannt Luc Estang, illustrieren. Die Fabel ist epigonal wie ein Trivialroman: Ein Mann im „gefährlichen Alter“ entdeckt seine Liebe zu einer hübschen jungen Witwe. Halb zieht sie ihn, halb sinkt er hin.

jdö cxiuuciu V1C1U.VC iiuim bürgerliche Familienkreis wirft er im des neuen „Glückes“ willen eichten Herzens hinter sich und ge- ließt mit seiner Geliebten an der Riviera einen sündigen Honigmond. Geldmangel, Schlechtwetter und Gewissensbisse bereiten dem Aben- ;euer ein bitteres Ende. Sobald die Situation ausweglos wird, ist die Gelebte so gefällig, sich durch Selbstnord aus dem Weg zu räumen.

Leserinnen werden an dieser Fabel die starke Parteinahme des Autors für den männlichen Helden ind seine Schwächen auszusetzen raben. Aber es geht nicht darum, bder nicht nur darum.

Däß dieser Roman trotz des trivialen Stoffes nicht kitschig wirkt, iankt er zunächst dem literarischen Rang. Estang setzt den inneren Mo- lolog wirkungsvoll ein und wendet m Banalitäten keine Breite. Durch iiese Stilmittel weist er bereits auf Absichten hin, die hinter der bloßen Story liegen. Der Roman öffnet sich zusehends der Dimension des Gewissens. Die Gestalten erwecken nie den Eindruck, determiniert zu sein, son- iern handeln frei, ja sogar bewußt vor dem Angesicht Gottes. Der Katholik Coltenceau leidet unter sei- lem Versagen und dem Ärgernis, das ?r den schadenfrohen Spöttern Christi liefert. Gott in seiner schrecklichen Passivität gegenüber Ier vom Menschen gewählten Sünde ist in dem Buch gegenwärtig. Die förmlich dumpf über allem lastende Gottesqual wird nur ganz verstehen, wer die Atmosphäre des Pietismus sennt. Die Reflexionen der religiösen Verantwortung sind das eigentlich Katholische des Romans.

Man kann das Buch, dem als Motto ein Wort Peguys, „Nie wurde es finem Menschen zuteil, gleichzeitig sein Glück und sein Heil zu erlangen“, vorangestellt ist, nicht ohne fine innerkatholische Schlußbemerkung aus der Hand legen. Die weitverbreitete Ansicht, das katholische Familienklima, die Tugend, die Frömmigkeit seien stinkfad und freudlos, enthält ein Quantum Wahrheit. Der Manichäismus der fiiedem „gutkatholischen Erziehung“ nag mit daran schuld sein. Mindestens seit einigen Jahren brechen je- ioch Gedanken auf, die Glück und Seil nicht zueinander ausschließen- ien Antithesen machen. Die Freude n der Ehe als Meditationsaufgabe cann Estangs neuen Roman direkt sur erbaulichen Lektüre machen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung