Wo kommen unsere Sachen her cover. - © Beltz & Gelberg

„Wo kommen unsere Sachen her“: Der lange Weg des Schokoaufstrichs

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Obwohl man nach dem Lesen zuerst einmal nichts mehr kaufen will, ist das Sachbilderbuch von Julia Dürr eine absolute Leseempfehlung.

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Obwohl man nach dem Lesen zuerst einmal nichts mehr kaufen will, ist das Sachbilderbuch von Julia Dürr eine absolute Leseempfehlung.

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Der Blick gilt dem Wohnraum einer fünfköpfigen Patchworkfamilie: Einkaufskörbe voller Lebensmittel, Spielsachen, bunte Möbel, Elektrogeräte und einiges mehr. Wo kommen all diese Dinge her? Woraus wurden sie wo wie gemacht? Diesen Fragen widmet sich das neue Sachbilderbuch von Julia Dürr. Wie bereits in „Wo kommt unser Essen her“ macht die Autorin dies völlig wertfrei, ohne etwas zu verheimlichen oder zu beschönigen. Auch formal ähneln einander die beiden Bücher: Kurze, leicht verständliche Textpassagen sind auf den detailreichen großformatigen Bildern jeweils zu kleinen Szenen oder Dingen gestellt. Sehr anschaulich wird dann anhand dreier Gegenstände – Kuscheltier, Sessel, Schokoaufstrich – gezeigt, welche Schritte vom Abbau bzw. der Ernte der Rohstoffe zum fertigen Produkt nötig sind, welche Lieferwege die einzelnen Bestandteile bis zu den vielen unterschiedlichen Produktionsorten und die fertigen Produkte bis zu uns nach Hause haben und wie viele Menschen an diesen Prozessen beteiligt sind. Auf je einer Doppelseite werden auch die Abläufe und Arbeiten auf einem Containerhafen, Güterbahnhof, Flughafen und in einem Hochregallager beschrieben.

Globalisierung anschaulich erklärt

Nicht nur das gesamte Ausmaß der Globalisierung, sondern auch die einzelnen Fakten sind bedenklich, etwa die Lieferwege der einzelnen Rohstoffe für einen Schokoaufstrich bis zur Fabrik, die auf einer Weltkarte eingezeichnet sind: 15 bis 18 Tage dauert die Überfahrt von Kakao vom Ursprungsland bis nach Europa, Palmfett ist sogar 30 Tage unterwegs. Und damit ist die zurückzulegende Strecke noch nicht zu Ende. Lieferwege zu verkürzen, bedeutet zudem immer einen Eingriff in die Natur: Die Versiegelung von Boden für den Bau von Straßen oder die Grabung des Suezkanals werden als Beispiele genannt. Auch der Klimawandel trägt übrigens dazu bei, dass der Weg von Asien nach Europa schneller zurückzulegen ist: Die Nord-Ost-Passage, früher von Eis bedeckt, ist nun durchwegs befahrbar.

Warum haben wir Menschen es so weit kommen lassen? Eine von vielen Antworten ist im Buch nachzulesen: „Ein großer Gedanke ist, dass es zu weniger Krieg auf der Welt kommt, wenn möglichst viele Länder miteinander Handel betreiben.“ Deutlich wird, hier werden keine Lösungen präsentiert, sondern Fakten. Es wird nicht verurteilt und auch nicht zur Veränderung aufgerufen. Aber die Lektüre regt zum Nachdenken an – über unser Konsumverhalten und über die Werte, die wir unseren Kindern vermitteln wollen. Sie animiert zum gemeinsamen Gespräch und fordert zur Selbstrecherche auf. Was, wie gezeigt wird, gar nicht so einfach ist.

Obwohl man nach dem Lesen zuerst einmal nichts mehr kaufen will, kommt hier abschließend eine absolute Leseempfehlung. Und wenn dieses Buch seinen Weg in jeden Haushalt findet (auch Ausleihen ist eine Option!), wird es hoffentlich nicht nur die Zielgruppe, sondern auch deren Erwachsene zu einem sorgsameren und bewussteren Umgang mit der Natur bewegen.

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