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Vor dem Bildschirm

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Der Bericht über die Eröffnung des neuen Saklh, erwartet — recht bescheiden: Eine keineswegs hervorragend gestaltete Filmreportäge über, da. Festspielhaus, eine wenig eindrucksvolle (und sichtlich unter auferlegten äußeren Beschränkungen leidende) Live-Übertragung von der Ankunft der Gäste zur Eröffnungsvorstellung und — einige Probenausschnitte aus dem „Rosenkavalier“: offenbar mit Live-Kameras aufgenommen und auf Film aufgezeichnet. Auf diese Weise hatte man die Unmittelbarkeit und das Faszinierende der Live-Sendung verloren und dafür die — technisch bedingten — qualitativen Mängel der Filmaufzeichnung dazubekommen, also genau das erreicht, was man vermeiden wollte: eine in keiner Weise befriedigende Wiedergabe. Daß diese Aufnahmen in der Ansage als „Szenenausschnitte aus der Eröffnungsvorstellung“ bezeichnet wurden, ist eine unzulässige Irreführung des Zuschauers.

Einen besonderen Mißgriff hat das Fernsehen mit dem Kurzfilm-„Lustspiel“ „O h, ein Ozelot“ getan. Diese mehr als oberflächliche Spielerei mit Ehebruch und Fundverheimlichung gehörte auf keinen Fall an den Beginn des Abendprogrammes, wo Kinder und Jugendliche aller Altersstufen mit Sicherheit vor dem Bildschirm zu finden sind. Ob eine solche Sendung überhaupt notwendig ist, sei dahingestellt. *

In der letzten Sendung „Aus der Schule geplaudert“ („Zwischen Farmen und Kolchosen“) wurde der Zuschauer mit einigen Problemen der österreichischen Agrarpolitik bekanntgemacht; und zwar in einer — nicht zuletzt dank der gewinnenden Persönlichkeit unseres Landwirtschaftsministers — höchst ansprechenden Form, wenn man von der überflüssigen Passage mit den Ansichten des Herrn „Jedermann“ absieht. Es wäre aber wohl zu überlegen, ob ein solches Interview nicht wesentlich mehr die Form eines echten (und unvorbereiteten!) Zwiegesprächs haben sollte, bei dem die Kameras lediglich als unbeteiligte Zuschauer fungieren. Man würde es dabei dem Interviewten ersparen, sich abwechselnd an den Fragesteller und an den Zuschauer wenden zu müssen, was zur Folge hat, daß er manchmal zu keinem von beiden, also ins Leere, spricht. Außerdem erscheint es unnötig, in eine Live-Sendung dieser Art Elemente des Dokumentär f i 1 m s hereinzubringen, indem man Tabellen und statistische Übersichten „einschneidet“. Warum werden diese Tabellen nicht vom Vortragenden selbst gezeigt? Damit könnte auch die mangelnde Übereinstimmung zwischen dem gesprochenen Wort und dem, worauf der Zeigestab weist, vermieden werden. Man sollte die reine Form der Live-Sendung gerade auch auf diesem Gebiet bewußt pflegen und sich davor hüten, sie zu verwässern.

Es ist in der heutigen Zeit durchaus angebracht, „glfla foJkmstagabeniin uad wieder dazu benutzt wird, ein ernstes.Thema zu behandeln, wie es durch das Fernsehspiel. „M a im o h n e Namen“ geschehen ist, das in einer Aufzeichnung des Senders Freies Berlin (Buch und Regie: Curt Goetz-Pflug) gezeigt wurde. Die äußere Handlung ist bestimmt von dem Schicksal eines Mannes, der — unter falschem Namen — als Fremdenlegionär zum Tode verurteilt wird, weil er dem Befehl zu einer Geiselerschießung nicht nachgekommen ist, und der unter seinem richtigen Namen von den Behörden gesucht wird, weil er während des letzten Krieges befehlsgemäß Geiseln erschossen hat. Dahinter aber werden Probleme um das menschliche Gewissen, um Recht und Unrecht des Krieges und um jene Kette von Vergeltung, Rache und Wiedervergeltung sichtbar, die in der Geschichte Europas eine so traurige Rolle gespielt hat. Von Kameraführung und Bildschnitt wirkungsvoll unterstützt, gab inmitten eines gut gewählten Ensembles Herbert Staß in der Titelrolle überzeugend den Menschen, der zwischen seinem Gewissen und einer gewissenlosen menschlichen Maschinerie fast zermalmt wird.

Anderseits aber erwächst gerade auch auf dem Gebiete des Dokumentarfilms dem Fernsehen eine besondere Aufgabe. Der „Filmbericht“ „Bei den Nachkommen des Dschingis-K h a n“ allerdings wirft die Frage auf, ob diese Aufgabe überhaupt ernst genommen wird. In höchst dilettantischer Weise war da eine Vielzahl von Aufnahmen ohne Rücksicht auf die Möglichkeiten und die primitivsten Grundregeln einer Film- oder Fernsehgestaltung kunterbunt aneinandergereiht, so daß auch ein bemühter Kommentar nichts mehr retten konnte. Schade um das interessante Thema!

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