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Czokors „Gottes General“

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Ein Drama in sieben Stationen nennt Franz Theodor Csokor seinen „Gottes General“, der nun in einer Rundfunkbearbeitung durch den Autor vom Studio Klagenfurt zur deutschen Erstaufführung gebracht wurde.

Das Stüde schildert den Lebensweg des Ignatius von Loyola, des Begründers des Jesuitenordens, in einer siebenteiligen Reportage, deren einzelne Bilder durch die Gestalt des Ignatius genügend miteinander verbunden sind, so daß es der vom Autor mit etwas zu viel Emphase gesprochenen Zwischentexte, die oft die Handlung vorwegnahmen, gar nicht bedurft hätte. Csokor wies überdies in seiner Vorrede darauf hin, daß es ihm nicht zuletzt darum gehe, in dem Schicksal des Ignatius die Besessenheit des Revolutionärs zu gestalten. Ein Vorhaben, dessen Ausführung die ganze Tragik Csokors, die Diskrepanz zwischen seinem dichterischen Wollen und seiner schriftstellerischen Begabung, offenbarte. Denn die dramatische Realität, die das Leben des Helden allein schon in historisch getreuer Nacherzählung darstellt, erfährt durch das Recht des Autors auf freie dichterische Gestaltung keine Überhöhung in eine künstlerische Wirklichkeit, keine Spiegelung in einer Sphäre des Ethischen, sondern lediglich eine in dieser Art kaum als Notwendigkeit anzusprechende psychologische Durchleuchtung, die konstruiert, aber nicht konstruktiv wirkt und dem Hang zum Psychopathischen auch im Sprachlichen erliegt. Ausgezeichnete dramatische Expositionen werden kaum zu geistigen Auseinandersetzungen entwickelt, dichterische Ansätze, menschliche Konflikte ins Ideelle zu heben, scheitern an den Dialogen, in denen die Akteure mit bemerkenswerter Konsequenz am Wesentlichen und aneinander vorbeireden.

Um so stärker lebt sich der Autor in perversen Fieberträumen aus. So zum Beispiel, wenn der baskische Fähnrich Loyola während der Schlacht von seiner königlichen Geliebten phantasiert: „Ich liebte sie wie ein Tier; ich raste und sie ladhte...“, und sie ihn, als er auf dem Krankenlager ihrer Macht zu entrinnen droht, wie folgt beschwört: „Reiß mir nicht auch die Haut vom Herzen!" Dafür spricht in einem der letzten Bilder ein Kardinal ein großes Wort gelassen aus, indem ir auf einen Papst hofft, der endlich versteht, daß wir Menschen alle „aus Nacht und Licht kommen, aus Dreck und Träumen“ ...

Diesen sprachlichen und gedanklichen Verirrungen, die bei Csokors Originalitätssucht kaum mehr überraschen, ist nichts hinzuzufügen. Übrig bleibt nur ein gerütteltes Maß Verwunderung darüber, daß der Autor mit seiner Meinung, eine Dichtung geschaffen zu haben, offenbar nicht allein steht und daß das Klagenfurter Studio den Reigen derer vermehrt hat, die Csokor aufführen, weil er vor zwei, drei Jahren in Wien als der repräsentativste Dichter Österreichs galt. Die Mühe, die an Personenzahl und Lautstärke aufgewendet wurde, war jedenfalls groß, und unter der um Dämpfung des textbedingten Pathos bestrebten Regie Herbert Spalkes vollbrachten Hans Ffü b n e r in der Titelrolle und Eugen E i s e n 1 o h r als Kardinal beachtliche künstlerische Leistungen. Alles zusammen aber wirkte doch recht dürftig und blieb, am Vorwurf des Stückes gemessen oder auch daran, was ein Hochwälder aus einem ähnlichen Stoff gemacht hat, ohne tieferen Eindruck. Ein „heiliges Experiment" läßt sich eben nicht so leicht wiederholen, und eine ähnliche Wirkung, wie sie von des „Teufels General“ ausging, wäre einem „General Gottes“ nur dann beschießen gewesen, wenn sich dieses gewaltigen Stoffes eine schöpferische Persönlichkeit angenommen hätte.

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