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Zur osterreichischen Geistesgeschichte

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Franz Werner. Ein Leben für Wahrheit in Freiheit. Ein Beitrag zur Geistes- und Theologiegeschichte Oesterreichs im 19. Jahrhundert. Von Josef Pritz. Verlag Herder, Wien. 301 Seiten. Preis 128 S.

Der Name Franz Werner ist*heute vermutlich nur noch wenigen Fachgelehrten auf dem Gebiete der Theologie vertraut. Der Autor hat deshalb sein Buch mit einem erläuternden Untertitel versehen, der prägnant die Bedeutung seines Werkes kennzeichnet. Josef Pritz ist nämlich mit dieser bis in das kleinste Datail sorgfältig und liebevoll gearbeiteten Biographie eines fast vergessenen St.-Pöltner Domherrn und Professors für Kirchengeschichte am St.-Pöltner Priesterseminar tatsächlich eine Darstellung aller jener Ideen gelungen, die um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts Kirche und Staat, Theologen und Politiker bewegt haben.

Franz Werner, 1810 in St. Pölten geboren und 1866 auch dort gestorben, hat — abgesehen von seiner Wiener Studienzeit, einer Reise nach München (1841) und seinem fünfmonatigen Wirken als Abgeordneter auf der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 — sein ganzes Leben in der behaglichen niederösterreichischen Kleinstadt verbracht. Dort lehrte er am bischöflichen Seminar Kirchengeschichte und Kirchenrecht, erneuerte als Alumnatsdirektor die theologische Studienordnung; dort entstanden seine zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen nicht nur auf dem Gebiet seiner Vortragsgegenstände, sondern auch über Probleme der Dogmatik, Patristik, Exegese und Moral.

Politisch ist er ein begeisterter Anhänger der deutschen Freiheit und Einheit, und zieht als solcher in das Frankfurter Parlament ein. Dort war sein Platz im linken Zentrum, von dem aus er für die großdeutsch-universalistische Lösung der Reichsfrage, aber ohne preußische Führung, eintrat. Um die Dominanz des preußischen Einflusses zu schwächen, stellte er bei der Behandlung der Oberhauptfrage sogar den Antrag auf Teilung Preußens. Bald erkennt er die Schwierigkeit und Aussichtslosigkeit der Situation der Nationalversammlung, in der zu seinem großen Leidwesen „die Oesterreicher einen dummen Streich um den anderen machen“. Trotzdem hoffte er bis zuletzt auf eine glückliche Wendung der österreichischen Frage und verließ erst Ende April 1849, tief enttäuscht, Frankfurt.

Kirchenpolitisch war Werner ein unermüdlicher Vorkämpfer für die Befreiung der Kirche von der josephinischen Bevormundung durch den Staat. Die Freiheit sollte allerdings von der Kirche selbst erkämpft werden. Als sie nach 1848 von den neo-absolutistischen Machthabern großzügig gewährt wurde, nützten sie Episkopat, Klerus und Gläubige nach seiner Meinung nicht entsprechend, da das „Gute nicht errungen, sondern wie vom Himmel herabgefallen“ war. Seine Anschauungen in dieser Hinsicht gipfeln in dem Bekenntnis: „Eine oktroyierte Kirchenfreiheit galt mir nie etwas; nur die im heißen Kampf errungene, errungen durch den gesamten Klerus und das gläubige Volk.“

Mit all diesen nicht nur für die Kirchengeschichte Oesterreichs wesentlichen Problemen setzte sich ein Mann auseinander, für dessen Lebensbeschreibung man Josef Pritz aufrichtig dankbar sein muß.

Die Augustinereremiten in Wien. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte Wiens. Von Friedrich Rennhof e r. Cassiciacum, Band XIII. Augustinus-Verlag, Würzburg. 287 Seiten. Preis 23 S.v

Daß die Festgabe der deutschen Ordensprovinz zur 700-Jahr-Feier der großen Union des Augustinereremitenordens 1256 bis 1956 das Werk eines jungen österreichischen Historikers über die Augustinereremiten in Wien ist, darf als Ehre für die Augustiner unseres Landes und dessen Geschichtsforschung betrachtet werden. Ihr entspricht die aufgewendete Mühe: Rennhof er hat mit größtem Eifer und Fleiß alles erreichbare Material zusammengetragen. Er schildert ausführlich die Geschichte der Niederlassungen des Ordens in Wien. Zunächst behandelt er das vermutlich 1237 gegründete Augustinerkloster im „Oberen Werd“ in den Donauauen vor der Stadt, dann das Schicksal des 1327 gegründeten Hofklosters St. Augustin bei der Burg, das 1630 den Unbeschuhten Augustinereremiten übergeben wurde, und schließlich die Geschichte des nach diesem Zeitpunkt entstandenen Augustinerklosters auf der Landstraße bis zu dessen Aufhebung 1812.

Die Bedeutung der Augustiner für die religiöse, kulturelle, wirtschaftliche und soziale Struktur Wiens hat der Verfasser gut herausgearbeitet und damit auch fast ein halbes Jahrtausend der Geschichte dieser Stadt geschildert. Denn die berühmten Augustinertheologen des Spätmittelalters haben die kulturelle Entwicklung der Habsburgerresidenz ebenso beeinflußt wie der Verfall des Hofklosters St Augustin in der Zeit der Reformation oder das im Barock von den Augustinern auf der Landstraße ausstrahlende rege religiöse Leben. Rennhofer hat dies alles mit Begeisterung dargestellt und in ehrlichem Bemühen eine ansehnliche Leistung vollbracht. Eine noch etwas inkonsequente wissenschaftliche Methodik bei Quellenangaben, im Literaturverzeichnis und in der Textedition sowie die stellenweise für den sonstigen Rahmen des Buches zu bewegte und subjektive Sprache gehören zu den Eigenheiten vieler erster größerer Arbeiten.

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