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800.000 Unterschriften

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Die politische Sommerpause, wie auch eine Reihe von aktuellen innenpolitischen Ereignissen haben den Komplex der Strafrechtsreform (und somit auch den Zankapfel Abtreibung) stark in den Hintergrund gedrängt. Zweifellos wird aber gerade dieses Thema bald wieder auf der innenpolitischen Szene virulent werden, wofür vor kurzem die Aktion Leben sorgte.

Der Erfolg der Bemühungen dürfte auch der Aktion Leben recht geben; die über 800.000 Unterschriften für ihre Vorschläge machen bereits bald ein Viertel der Wahlberechtigten Österreichs aus. Staatsbürger, die nicht bereit sind, eine billige Lösung zu unterstützen, sondern den sicherlich längeren und beschwerlicheren Weg gewählt haben.

Vertreter der Aktion Leben motivieren ihren vorgelegten Gesetzesentwurf damit, daß die in der Regierungsvorlage vorgesehene Höchststrafe von einem Jahr in keinem Verhältnis zu dem zu schützenden Rechtsgut stehe. Immerhin sei ja auch für Tierquälerei eine Höchststrafe von nur einem Jahr vorgesehen.

Selbstverständlich ist aber (in Absatz 2 des Entwurfes) für berücksichtigungswürdige Fälle Straflosigkeit vorgesehen. Diese Ausnahme unterstreicht um so deutlicher die Zielsetzung der Proponenten des Volksbegehrens: die generelle Erlaubnis der Tötung menschlichen Lebens darf unter keinen Umständen rechtmäßig werden. Mit einer solchen Entscheidung, nämlich das Tötungsverbot auch nur für eine Gruppe von Menschen aufzuheben, wäre das höchstrangige Rechtsgut bereits in Frage gestellt.

Insbesondere wird auch auf die Gefahr verwiesen, die bei Gesetz-werdung der ethischen Indikation (Schwängerung durch Vergewaltigung) für die Rechtssicherheit entstehen könnte. Abtreibungswillige — aus welchen Gründen immer — müßten lediglich eine Anzeige wegen Notzucht gegen unbekannte Täter erstatten, um eine völlig legale Abtreibung zu erreichen.

Da das Strafrecht aber sicherlich nicht das geeignete Mittel ist, um Abtreibungen zu verhindern, hat die Aktion Leben einen umfangreichen Katalog von Forderungen aufgestellt, der nicht darauf hinzielt, das Symptom Abtreibung zu bekämpfen, sondern versuchen soll, Situationen und Konflikte, die zum Wunsch nach einer Abtreibung führen, von vornherein auszuschalten.

Insbesondere dieses Programm verdient eingehende Beachtung. Neben der Förderung einer positiven Einstellung zum Leben, zur Elternschaft und zum Kinde, der Forderung nach mehr Information über Empfängnisregelung, Beseitigung der noch bestehenden gesellschaftlichen Diskriminierung von außerehelicher Müttern und Kindern, legt die Aktion einen umfangreichen Katalog sozialpolitischer Maßnahmen vor: Schwangerschaftsberatungsstellen, gezielte Sozialhilfen, Verlängerung des Karenzurlaubes, Beihilfen zur Hausstandsgründung auch für außereheliche Mütter, Reform des Adoptionsrechtes wie auch des Erbrechtes, Förderung von Kinderdörfern usw.

Gerade diese Vorschläge würden in ihrer Verwirklichung eine Änderung der Einstellung zum menschlichen Leben bedeuten.

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