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Ärztekommissionen — gesetzlich?

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Im Sozialministerium befaßt man sich derzeit, wie Kathpreß von informierter Seite erfährt, mit der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes über die medizinische Indikation der Schwangerschaftsunterbrechung. Der Entwurf soll schon vor der geplanten Strafrechtsreform dem Parlament vorgelegt werden, unter Umständen noch in der kommenden Herbstsession. Das neue Gesetz soll Handhaben gegen den Mißbrauch der medizinischen Indikation bieten und die hier bestehenden Gesetzeslücken schließen. Mit dem Gesetz sollen auch die Grundlagen der TStigkeit von Aerzte- kommissionen geschaffen werden, die über eine medizinische Indikation zu entscheiden hätten. Ueber die Frage, in welcher Form dies zu geschehen hat, wird freilich noch beraten.

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Im Sozialministerium befaßt man sich derzeit, wie Kathpreß von informierter Seite erfährt, mit der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes über die medizinische Indikation der Schwangerschaftsunterbrechung. Der Entwurf soll schon vor der geplanten Strafrechtsreform dem Parlament vorgelegt werden, unter Umständen noch in der kommenden Herbstsession. Das neue Gesetz soll Handhaben gegen den Mißbrauch der medizinischen Indikation bieten und die hier bestehenden Gesetzeslücken schließen. Mit dem Gesetz sollen auch die Grundlagen der TStigkeit von Aerzte- kommissionen geschaffen werden, die über eine medizinische Indikation zu entscheiden hätten. Ueber die Frage, in welcher Form dies zu geschehen hat, wird freilich noch beraten.

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Die katholische Sittenlehre kann keinerlei rechtfertigenden Grund für eine Schwangerschaftsunterbrechung anerkennen, weder die medizinische noch die eugenische, soziale, ethische oder eine sonstige Indikation. Nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnis muß die Leibesfrucht als vom ersten Augenblick der Empfängnis an beseelt, also als richtiger, wenn auch unentfalteter Mensch angesehen werden. Von ihrem Leben gilt daher dasselbe wie von jedem unschuldigen Menschenleben: Es ist unantastbar. Kein Mensch darf sich das Recht anmaßen, einem anderen unschuldigen Menschen das Leben zu beenden. Dieses Recht kann nur Gott für sich in Anspruch nehmen: „Ich bin es, der tötet und belebt” (Deut. 32, 39). Wenn irgendwo, dann gilt gegenüber unschuldigem Menschenleben: „Du sollst nicht töten” (Ex. 20, 13),

Es kann darum nie erlaubt sein, eine Abtreibung direkt herbei- z u f ü h r e n, das heißt in der Absicht, das werdende Kind zu töten. Der Zweck der Tötung mag sein, die Mutter von Gefahren für Gesundheit und Leben zu befreien, ein anerkennenswerter Zweck. Dennoch rechtfertigt er nicht die Anwendung des-in sich verwerflichen Mittels der Tötung eines unschuldigen Lebens, wie es das des werdenden Kindes ist. Wir können niemals zugeben, daß der gute Zweck das böse Mittel heiligt. So lehnt die Kirche die direkte Abtreibung, bei der man es auf die Beseitigung des Kindes abgesehen hat, um dadurch eine gute Wirkung zu erzielen, entschieden ab. Sie verkennt nicht, daß sich aus einer Schwangerschaft tragische Probleme ergeben können, wünscht aber ihre Lösung nicht durch unerlaubte Mittel, sondern durch einwandfreie, wenn auch manchmal sehr aufreibende Bemühungen. Die anderen Gründe, die neben dem von uns angeführten Hauptgrund gegen eine Tötung werdenden Lebens sprechen, mögen hier unberührt bleiben.

Nichts einzuwenden ist gegen die indirekte Herbeiführung des Kindestodes durch die Anwendung eines Mittels zu einem entsprechend wichtigen, guten Zweck, obwohl der Kindestod daraus befürchtet, aber nicht beabsichtigt wird, zum Beispiel durch eine Blinddarmoperation, die für die Mutter, unabhängig von ihrer Schwangerschaft, zur Lebensrettung notwendig wird, die sich aber für das Kind unheilvoll auswirkt. Der Heilige Vater hat dies alles in seinen Ansprachen über Fragen des Ehemoral vom 29. 10. 1951 und vom 26. 11. 1951 klargelegt. Rechtfertigen läßt sich auch aus schweren Gründen die Herbeiführung einer Frühgeburt, bei der die Frucht noch nicht ausgereift, aber immerhin schon lebensfähig, wenn auch noch gefährdet ist.

Im vorgelegten Gesetzentwurf geht es aber um die direkte Abtreibung, und die gewollte Tötung des werdenden Lebens zur Rettung von Gesundheit und Leben der Mutter gerade durch die Beseitigung des Kindes. Es ist klar, daß man sich im Gewissen niemals zu einer solchen Handlung berechtigt halten darf, ob nun ein oder mehrere Aerzte ihr Gutachten abgeben.

Dennoch kann man dem Gesetzentwurf zustimmen, nicht, weil die Abtreibung auf das Gutachten mehrerer Aerzte hin sittlich erlaubt würde, sondern weil die Gewährung der Straffreiheit für die Abtreibung nur auf ein Kommissionsgutachten hin ein geringeres Uebel ist als ihre Gewährung schon auf das Urteil eines einzelnen Arztes hin. Es ist ein Uebel, wenn die Abtreibung überhaupt vorkommt. Wir wissen aber, daß die von einzelnen Aerzten gestellten „medizinischen” Indikationen häufig gar nicht medizinische Indikationen sind, sondern Wünschen der Schwangeren öder anderer interessierter Personen entgegenkommen. Solche Tarnungen werden bei Kommissionsgutachten kaum erreicht werden können. Die straffrei bleibenden medizinischen Indikationen werden daher auf die wirklichen medizinischen Indikationen eingeschränkt werden. Das ist wenigstens ein Schritt weg vom Uebel, und zwar ein nicht unbedeutender Schritt.

So kann man aus Gewissensgründen den vorgelegten Entwurf begrüßen und ihm angesichts der gegenwärtigen Lage zustimmen.

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