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Die „stille Revolution“ der Archäologie

Franz Georg Maier, als ordentlicher Professor für Alte Geschichte in Zürich ein hochqualifizierter Archäologe, verfügt nicht nur über Wissen, sondern auch über die Fähigkeit, es Lajen mitzuteilen. Sein Buch „Neue Wege in die alte Welt - Moderne Methoden der Archäologie“ ist geeignet, eine bei vielen Menschen vorhandene Informationslücke zu schließen. In den letzten Jahrzehnten hat sich nämlich das Instrumentarium der Archäologen um eine Fülle hochgezüchteter, auf naturwissenschaftlichen Erkenntnisse beruhender Methoden und Geräte verfeinert, von denen kaum etwas weiß, wer sein Wissen aus „Götter, Gräber und Gelehrte“ bezog. Natürlich erfährt man- auch eine Menge über die neuen, auf diese Weise erzielten Ergebnisse. Nur als Beispiel, daß etwa der Einsatz eines Spezialgerätes, das mit elektrischem 8-cm-Bohrer, Spezialgestänge, Minox-Kamera und Blitzlicht die vollständige photographische Erfassung ungeöffneter, von der Hügelkuppe her angebohrter Etruskergräber ermöglicht, innerhalb kurzer Zeit den bekannten Bestand an etruskischen Wandgemälden verdoppelte und den Grabräubern ein Schnippchen schlug (Hoffmann & Campe, Hamburg, 384 Seiten, 48 Seiten Bildteil, davon 32 Farbseiten, 51 Textzeichnungen, öS 277,20).

Straßen der Völker

Albert Hochheimer eröffnet mit dem Jugendbuch „Die Straßen der Völker“ die neue Benziger-Sach- buchreihe „Entdeckung und Abenteuer“. Hochheimer, ein Pionier des Sachbuches für junge Menschen, gibt einen fesselnden Überblick über die Entwicklung des Verkehrs an Hand einiger der großen, legendenumwobe- nen Straßen, unter ihnen die Seidenstraße (Benziger-Verlag, Zürich, 252 Seiten, Farbtafeln, Karten, Photos, Zeichnungen, öS 183,50).

Angeklagt

Walther Skaupy, Anwalt von Beruf, versteht es in seinem Buch „Angeklagt - Große Prozesse der Weltgeschichte“ historische Prozesse in des Wortes doppelter Bedeutung in historischen Prozessen in des Wortes juristischer Bedeutung sichtbar werden zu lassen. Francis Bacon und Ferdinand Lassalle, Oscar Wilde und Ezra Pound, und nicht zuletzt Rudolf Slansky vor Gericht — nirgends demaskiert sich die Willkür so gründlich wie im scheinjuristischen Ritual eines Unrechtsprozesses (Seewald-Verlag, Stuttgart, 348 Seiten, öS 277,20).

Bevor Kolumbus kam

Seltsam, daß er ein britisches Privileg geblieben ist, daß es ihn außerhalb des angelsächsischen Kulturraumes kaum in Ansätzen gibt— nämlich einen echten großen Privatgelehrten, den Mann, der irgendeinen hochgeachteten Beruf (in dem er Erfolg gehabt hat) an den Nagel hängt, um sich aus innerem Drange wissenschaftlich zu betätigen, und der auf diesem Gebiet dann ebenfalls Erfolge erzielt, von der neuen Fachwelt, in die er als Außenseiter eingedrungen ist, geachtet und akzeptiert wird. Vielleicht ist nieht zuletzt die Bereitschaft der (in deutschsprachigen Landen teils ängstlich, teils arrogant sich abschließenden) Disziplinen, einen „Außenseiter“ aufzunehmen, Basis dieser liebenswerten und die Wissenschaften befruchtetenden Erscheinung. Idealtypisch verkörpert ist dieser Typus in Nigel Davies, der Unternehmer und, als konservativer Abgeordneter, Churchills Nachfolger im Wahlkreis Epping und auf dem dazugehörigen Sitz im Unterhaus war, bevor er nach Mexiko übersiedelte, um sich dem Studium mexikanischer Kultur und Geschichte zu widmen. Er schreibt spanisch wie englisch. „Die Azteken“ wurden in deutscher Sprache zum Bestseller, in seinem neuen Werk „Bevor Kolumbus kam - Ursprung, Wege und Entwicklung der alt-amerikanischen Kulturen“ geht er Fragen auf den Grund, über die viel Phantastisches geschrieben wurde, und die heute lückenloser und überzeugender geklärt sind, als mancher vermuten mag, der mit dem Forschungsstand nicht vertrautist. Das Buch ist ein Wurf. Es ist die große Biographie einer Kultur. Und es ist einer der großen Vorteile dieses Buches, daß der Autor eine fundierte Meinung zu einem äußerst umstrittenen Thema hat, daß er es wagt, sie darzulegen, daß er das gesamte eindrucksvolle Material ausbreitet, über das er verfügt, um seine Meinung zu begründen, und den Rest dem Leser überläßt. Wissenslük- ken werden nicht zugekleistert, sondern sichtbar gemacht (Econ-Verlag, Düsseldorf, 418 Seiten, Karten und Tafeln, öS 227,15).

Theodor Körner als militärischer Denker

Theodor Körner war nicht nur einer der Grand Old Men der Zweiten Republik, und nicht nur ein Denkmal seiner selbst, sondern auch ein untadeliger Österreicher. Freilich, Körner, der große Militär-Denker der österreichischen Sozialdemokratie, wurde im Schatten des Denkmals, des Nach- kriegs-Bundespräsidenten, für lange Zeit unsichtbar. Heute kann seine theoretischen Schriften jeder ohne allzugroße Ressentiments lesen - Ilona Duczynska gab sie unter dem Titel „Auf Vorposten-Ausgewählte Schriften 1928 bis 1938“ unter seinem Verfassernamen heraus. Sie bestätigen, was in Österreich selbst heute mancher mehr ahnt als weiß: daß auch Körner zu bedeutend war, um von rechts wie von links erkannt zu werden. Die schmerzlichste Erkenntnis dieser Lektüre ist, daß in Körner möglicherweise genau jener Mann beiseitegeschoben und in die Isolation getrieben wurde, der als einziger in der Lage gewesen wäre, Österreich - vielleicht! - ein tragfahiges Verteidigungskonzept gegen Hitler zu geben. Die innenpolitischen und innerparteilichen Grabenkriege der Zwischenkriegszeit haben es verhindert (Europa-Verlag, Wien, 300 Seiten, öS 198,-).

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