6867098-1978_08_04.jpg
Digital In Arbeit

Devisenreserven nur noch auf Pump

Werbung
Werbung
Werbung

„Die Oesterreichische Nationalbank verfügt nur noch über geborgte Devisenreserven. Wären in den letzten Jahren nicht in einem so großen Ausmaß Kredite im Ausland aufgenommen worden, hätte sie bereits ihre Goldreserven oder ihre Kreditfazilitäten beim Internationalen Währungsfonds in Anspruch nehmen müssen“, erklärte der ehemalige Notenbankpräsident und Finanzminister Dr. Wolfgang Schmitz vor dem Akademikerbund in Wien.

Einer geringfügigen Zunahme der Devisenreserven der Nationalbank vom Jahresbeginn 1974 auf Anfang 1978 von rund 33,2 Milliarden Schilling auf rund 34,8 Milliarden stehen Zugänge im langfristigen Kapitalverkehr in der selben Zeit von 34,1 Müliarden gegenüber. Der Nettozinsenaufwand für die österreichische Auslandsverschuldung ist von 3,9 Müliarden (1976) auf 5,4 Müliarden Schüling(1977), oder mehr als 10 Prozent des Leistungsbl-lanzdefizites, angestiegen und belastet damit die Devisenreserven zusätzlich.

Zwischen den Rekorddefiziten der österreichischen Zahlungsbilanz und des Bundesbudgets des Jahres 1977 bestehen sehr enge und unmittelbare Zusammenhänge, die meist übersehen werden. Zum Teil ist das Zahlungsbilanzdefizit eine direkte Folge der hartnäckig anhaltenden Budgetdefizite. Daß das Budgetdefizit mit rund 42 Müliarden Schilling etwas niedriger ist als die budgetierten 44 Müliarden ist angesichts dieser Größenordnung völlig bedeutungslos und zeigt einmal mehr, wie die Öffentlichkeit mit unwesentlichen Details von der wirklichen Problematik abgelenkt zu werden droht.

Ein direkter Zusammenhang zwischen Zahlungsbüanzdefizit und Budgetdefizit ergibt sich schon daraus, daß das Budgetdefizit zusätzliche Einkommen schafft. Auf Grund einer Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstitutes kann angenommen werden, daß rund die Hälfte dieser zusätzlichen Einkommen teüs für Konsumgüter, teüs für Reiseaufwendungen im Ausland ausgegeben werden. Darin zeigt sich einmal mehr die Illusion, durch mehr Geldausgeben der öffentlichen Hand Arbeitsplätze im Inland zu sichern oder gar schaffen zu woUen.

Dem hohen Budgetdefizit ist überdies die längst fällige Progressions-müderung der Lohn- und Einkommensteuer zum Opfer gefallen, die einseitig gerade den besonders leistungsfreudigen Teü der Bevölkerung trifft Aus allen diesen Gründen ist der An-teü der Steuern und steuerähnlichen Abgaben in der Zeit 1969-1978 von 36 Prozent auf wahrscheinlich mehr als 42 Prozent des Sozialproduktes gestiegen. Geht man vom Anteü der öffentlichen Ausgaben am Sozialprodukt aus, so werden wahrscheinlich sogar 46 Prozent überschritten.

Zur Wechselkurspolitik der Nationalbank meinte Schmitz, daß selbst die bedenkliche Entwicklung der Devisenreserven die Nationalbank und die Regierung nicht hindern, an ihrer unrealistischen Wechselkurspolitik offenbar unbeeindruckt festzuhalten. Seinerzeit wurde die Hartwährungspolitik ausdrücklich als importfördernd und exportbremsend eingeführt. Nun erinnere ihn, Schmitz, die Entwicklung an den klassischen Fall, den Hayek in seinem Buch „Der Weg zur Knechtschaft“ beschrieben hat Eine falsche Maßnahme, an der man festhält, führt zu einer Folge von falschen Maßnahmen. Jetzt würden wegen der Hartwährungspolitik Importrestriktionen und Exportsubventionen notwendig. Man beschränkt die Gewährung von Auslandskrediten an Ausländer durch österreichische Kreditinstitute, mit der ausdrücklichen Begründung, Österreich brauche in Zukunft mehr Währungskredite und begräbt damit endgültig jede Hoffnung, daß Österreich jemals ein internationaler Finanzplatz wird.

In der lebhaften Diskussion, an der sich auch mehrere Vertreter der Nationalbank beteüigten, wurde Dr. Schmitz auch nach seiner Einschätzung der Geldmengensteuerung befragt Dr. Schmitz meinte, daß durch die Bekanntgabe eines Geldmengenzieles der Öffentlichkeit mehr bewußtgemacht würde, in welche Richtung unsere Wirtschaftspolitik derzeit marschiert. Neben ihrer Wechselkurspolitik sollte die Nationalbank mehr Geldmengenpolitik machen. Diedurch die Nationalbank hingenommene Geldmengeexplosion der letzten Jahre habe seiner ansieht nach erst die jüngst ergriffenen Restriktionen notwendig gemacht.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung