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Halbmond und Kreuz im Zwielicht
Sind Türken für Österreicher gefährlich oder Muslime? Liegt wehrhaftes Christentum im Interesse der Gläubigen oder der Freiheitlichen? Hat Bischof Krenn, Ewald Stadler oder Fred Si-nowatz recht?
Die letzte Frage ist am leichtesten zu beantworten: Sinowatz! Denn es ist alles sehr kompliziert. Bichtig ist, daß eine aggressive Spielart des Islam in die Schranken gewiesen werden muß. Was die Wahl der Mittel schwierig macht, ist die vom Islam praktizierte Einheit von Beligion und Politik, die von der Theorie her völlig logisch ist (wie sollte es Lebensbereiche mit und solche ohne Gott geben?), deren schreckliche Auswirkungen in der Praxis aber auch in der christlichen Welt des Mittelalters deutlich wurden: Inquisition, Hexenwahn und Ketzerverfolgung beherrschen den Alltag eines Systems, das sich im Alleinbesitz göttlicher Wahrheit wähnt.
Auf islamischer Seite sitzt ein solches Machtsystem derzeit unter anderem im Iran. Wenn man die Zeitverschiebung bedenkt (der Islam entstand 600 Jahre nach dem Christentum), sollte sich christlicher Hochmut in Grenzen, halten. Das heißt aber nicht, daß man gottesstaatlicher Besessenheit nicht Widerstand entgegensetzen darf. Das ist das Wesen menschheitlichen Fortschritts: daß nicht jede Generation und jede Zivilisation denselben Irrtümern verfallen muß, sondern eine auch von der anderen lernt.
Achtung der Menschenrechte und Toleranz muß heute von allen Mitgliedern der Menschheitsfamilie verlangt werden. Auch weise islamische Gelehrte stimmen dieser Grundforderung heute vorbehaltlos zu. Wer solchen Grundkonsens verweigert, muß auf entschiedenen Widerstand stoßen (was endlich auch Österreichs Bundesregierung im Umgang mit Terroristen begreifen muß).
Trotzdem muß man sich in jedem Fall die Frage vorlegen, ob religiöse Interessen mit staatlichen Machtmitteln verfolgt oder vorwiegend politische Interessen religiös verbrämt werden. Nicht „der Islam" ist intolerant, sondern bestimmte Begime praktizieren im Namen des Islam intolerante Verhaltensweisen. Darauf müssen Be-gierungen und Kirchen angemessen und proportioniert reagieren.
Unangemessen ist der Versuch einer politischen Partei, ein „wehrhaftes Christentum" gegen „den aggressiven Islam" zu mobilisieren, wenn man einfach Stimmen aus konservativen christlichen Kernschichten mobilisieren möchte, die die Parole „Türken raus!" ohne religiösen Aufputz zuwenig überzeugt.
Weder das Kreuz noch der Halbmond haben es nötig, sich von parteipolitischen Taktikern ins Zwielicht zerren zu lassen.
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