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Ein Brückenbauer zum Morgenland

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Daß in Österreich der Balkan beginnt, ist nicht eine von tagespolitischen Ereignissen gestützte Erkenntnis. Schon vor zwei Jahrhunderten waren die Fäden zwischen Österreich und dem Orient wesentlich enger geknüpft, als es heute der Großteil der Menschen anzunehmen vermag. . Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall,

dessen 125. Todestag nun Anlaß für entsprechende Feierlichkeiten war, spielte eine wesentliche Vermittlerrolle zwischen zwei Welten.

Hammer-Purgstall, am 9. Juni 1774 in Graz geboren, setzte mit 18 Jahren durch den Eintritt in die von Maria Theresia gegründete Orientalische Akademie, welche eine Diplomatenausbildung zum Ziel hatte, den Fuß auf die erste Sprosse jener Erfolgsleiter, die ihn im Laufe der Zeit zum Orient- Fachmann werden ließ.

Der spätere Gründer der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Beherrscher von einem Dutzend Sprachen, war kein Diplomat in jenem Sinne, wie Staatskanzler Metternich ihn verstand: „Ich kann weder vorzüglichen Geist noch ausgezeichnete Kenntnisse brauchen, ich brauche charakterlose Maschinen

und keinen Poeten im Staatsdienst“, sagte dieser.

Außenminister Willibald Pahr am Rednerpodium der österreichischen Orient-Gesellschaft Hammer-Purgstall: „Das Interesse Österreichs für die Probleme des Nahen Ostens ist historisch begründet“.

Um dem Persönlichkeitsbild Hammer-Purgstalls gerecht zu werden, berichtet etwa Pahr vom Gespür des Schriftstellers, Forschers und Diplomaten, der zum Beispiel über 2000 Verse des Korans ins Deutsche übertragen und viel zum gegenseitigen Verständnis der Völker beigetragen hat. Von seinem Glauben an eine Auflösung des Osmanischen Reiches, bedingt durch den Verfall der Regierungsspitze und die maßlose Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Machtverhältnissen in der späteren Türkei und dem immer schwächer werdenden Führungssystem.

Hammer-Purgstall, der im Mai 1799 nach Konstantinopel geschickt wurde, um dort im Rahmen der österreichischen Delegation den Posten eines Übersetzers zu bekleiden, bekam ein viel intimeres Verhältnis zum Dasein des Morgenlandes als die unzähligen Diplomaten, auf die Metternichs Spruch schon damals allzu wörtlich zutraf.

Weil er ein kluger Kopf war, mußte er leiden. Pahr ironisch: „Er landete schließlich ohne Verwendung in Wien, während das Gehalt weiter ausbezahlt wurde. Das ist etwas, was heute ja kaum noch getan wird“.

Ab 1807 kam er in die Haus-, Hof- und Staatskanzlei als Hofrat

zog er sich 1839 von allen seinen offiziellen Funktionen endgültig zurück. Jetzt war es für ihn an der Zeit, das Kulturelle endgültig in den Vordergrund zu stellen.

Als Verfechter einer Idee, die zur Gründung der Akademie der Wissenschaften führen sollte, verscherzte er sich sein Verhältnis zu Metternich, der einem solchen Gedanken vorerst nichts Gutes abgewinnen konnte. Nach vielen Auseinandersetzungen und einem Umdenken des Staatskanzlers kam es schließlich 1847 zu einem entscheidenden Entwurf der Statuten und zur Gründung dieser Institution, deren erster Präsident er wurde.

Im Vormärz bis 1848 tauchten neue Probleme auf: Die Zensur. Kleinere Schwierigkeiten folgten, vom heutigen Präsidenten der Akademie, Univ.-Prof. Herbert

Hunger, als „Sturm im Wasserglas“ bezeichnet. Im Mai des darauffolgenden Jahres kam es zum endgültigen Bruch: Hammer- Purgstall zog sich auch von seinen Geschäften in der Akademie zurück. Am 23. November 1856 ist er gestorben.

Im Rahmen einer Festveranstaltung der Akademie der Wissenschaften informierte Univ.- Doz. Baher M. Elgohary über die Rolle Hammer-Purgstalls als Vermittler zwischen dem Islam und dem Abendland. So lobte er dessen Verständnis gegenüber der arabischen Welt und sein Wirken auf religiöser Ebene. Elgohary: „Hammer-Purgstall hat gesagt, wie weitreichend das gemeinsame Bekenntnis zu Gott ist, er ist auch zu dem Schluß gekommen, daß nichts so unwichtig sein kann, als das es nicht Gott vorgetragen werden könnte.“

Hammer-Purgstalls Analysen waren manchmal geradezu unkonventionell. So analysierte er den arabischen Glauben an Dämonen und scheute sich nicht einmal, die teuflischen Wesen in Gruppen und Kategorien einzuteilen …

Im Rahmen der Festveranstaltungen wurde auch noch weiterer Österreicher gedacht, deren Beziehungen zum Nahen Osten ebenfalls sehr eng waren. Ingenieur Alois Negrelli, der in Vergessenheit geratene Schöpfer des Suez-Kanals, Rudolf Slatin Pascha, General aus Wien, der im Sudan Ruhm und Ehre suchte, sowie Jacob Polak, dessen Verdienste um die Erforschung Persiens in vielerlei Hinsicht nicht unvergessen bleiben sollten.

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