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Ein schweres Attentat
Mexikos Protest gegen den Anschluß Österreichs an Nazi-Deutschland ist einzigartig. Die Solidarität dieses Landes mit Österreich zeigte sich auch nach 1940, als es das politisch bedeutendste Exilland in Lateinamerika wurde. Österreichische Exilanten fanden eine wirkliche Unterstützung der mexikanischen Regierung. Heute braucht Mexiko - ein typisches Schwellenland -unsere Solidarität.
Mexikos Protest gegen den Anschluß Österreichs an Nazi-Deutschland ist einzigartig. Die Solidarität dieses Landes mit Österreich zeigte sich auch nach 1940, als es das politisch bedeutendste Exilland in Lateinamerika wurde. Österreichische Exilanten fanden eine wirkliche Unterstützung der mexikanischen Regierung. Heute braucht Mexiko - ein typisches Schwellenland -unsere Solidarität.
Angesichts der Unterdrückung Österreichs als unabhängiger Staat nach einer bewaffneten ausländischen Intervention und im Hinblick darauf, daß der Rat des Völkerbundes zur Anwendung des Artikels zehn des Völkerbundpaktes, welcher die Verpflichtung auferlegt, die Unversehrtheit des Gebietes und die politische Unabhängigkeit aller seiner Mitglieder zu achten und gegen jeden äußeren Angriff zu wahren, bisher noch nicht einberufen worden ist, habe ich die Ehre, Ihnen gemäß den Weisungen der Regierung von Mexiko folgende Erklärung zu übermitteln und bitte Sie, diese den Mitgliedstaaten unserer Institution zur Kenntnis bringen zu wollen.
Der politische Tod Österreichs in der bekannten Form und unter den bekannten Umständen*stellt ein schweres Attentat gegen den Völkerbundpakt und gegen die übernommenen Grundsätze des Völkerrechtes dar.
Infolge eines Gewaltaktes hat Österreich aufgehört, als unabhängige Nation zu bestehen. Diese Intervention ist eine offensichtliche Verletzung unseres Paktes sowie der Verträge von Versailles und Saint-Germain, welche die Unabhängigkeit Österreichs für unabänderlich erklären.
Diese unabänderliche Unabhängigkeit hätte nicht nur durch die Größmächte, die das Genfer Protokoll von 1922 unterzeichnet haben, geachtet und garantiert werden müssen, die bei diesem Anlaß feierlich ihren Entschluß erklärt haben, die politische Unabhängigkeit, die territoriale Unversehrtheit und die Souveränität Österreichs zu achten, sondern auch durch die österreichische Regierung selbst, da der erwähnte Staatsvertrag von Saint-Germain und das Genfer Protokoll Österreich zumindest die Verpflichtung auferlegen, die Zustimmung des Völkerbundrates einzuholen, sofern es sich um die Aufrechterhaltung seiner Unabhängigkeit innerhalb seiner gegenwärtigen Grenzen als selbständiger Staat und absoluter Herr seiner Entschlüsse handelt.
Daher muß jedes Abkommen und jede Entschließung, die darauf gerichtet sind, die österreichische Unabhängigkeit zu beeinträchtigen, als rechtswidrig betrachtet werden, und ebenso muß jeder Versuch, gleichgültig welcher ausländischen Regierung, der diesen Grundsätzen und Verpflichtungen zuwiderläuft, von den Mitgliedern des Völkerbundes als Willkürakt und als untragbar angesehen werden.
Die Tatsache, daß die Behörden in Wien die Macht dem gewaltsamen Besetzer übergeben haben, kann dem Angreifer nicht als Entschuldigung dienen, und der Völkerbund darf diese vollendete Tatsache nicht ohne die energischesten Proteste und die in den Artikeln des Völkerbundpaktes vorgesehenen Gegenmaßnahmen hinnehmen.
(Andererseits vertreten die Behörden, welche die vollziehende Gewalt preisgegeben haben, keineswegs das österreichische Volk, das sicherlich den Tod seines Vaterlandes als eine düstere Tragödie ansieht;) die Behörden selbst, welche der Gewalt weichen mußten, haben nicht frei gehandelt, da voluntas coacta voluntas non est.
Infolgedessen würden die Mitgliedstaaten des Völkerbundes die Handlungen und Worte dieser Behörden nicht als freie und rechtmäßige Äußerung der Nation ansehen, welche der militärischen Gewalt unterworfen ist.
Die Regierung von Mexiko, welche die Grundsätze des Völkerbundpaktes stets achtet und ihrer Außenpolitik, die keine mit Gewalt herbeigeführte Eroberung hinnehmen kann, immer treu bleibt, protestiert in der kategorischesten Weise gegen den äußeren Angriff, dessen Opfer die Republik Österreich geworden ist.
Sie erklärt der öffentlichen Meinung der Welt, daß nach ihrer Ansicht die einzige Methode, den Frieden zu erhalten und neue internationale Attentate wie die gegen Äthiopien, Spanien, China und Österreich zu vermeiden, darin besteht, die Verpflichtungen zu erfüllen, welche der Völkerbundpakt, die abgeschlossenen Verträge und die Grundsätze des Völkerrechtes auferlegen.
Im gegenteiligen Fall würde nicht viel später die Welt in eine weit größere Feuersbrunst verwickelt werden, als es diejenige ist, die man vermeiden will, indem man außerhalb des Systems des Völkerbundes zu handeln sucht.
Le Ministre Isidro Fabela.
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