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Prinz Eugen im Cutaway

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Mit der Resolution Nr. 340 des UN-Sicherheitsrats vom 25. Oktober erfolgte die Aufstellung der ersten UN-Armee, genannt United Nations Emergency Forces (UNEF), was in Einklang mit einem diesbezüglichen Bericht des Generalsekretärs Doktor Kurt Waldheim stand. Prompt wurde diese „Notarmee der UN“ von einem lateinamerikanischen Diplomaten „Waldheim-Armee“ genannt, da ihr provisorischer „Oberster Kriegsherr“ ja der Generalsekretär ist, der die Aufstellung der Amee mit solcher Hingabe vorantreibt, als wäre er Prinz Eugen im Cutaway.

Generalsekretär Waldheim beorderte die bescheidenen Österreichischen, finnischen und schwedischen Kontingente der UNFICYP (United Nations Peacekeeping Forces) von der Insel Zypern, wo sie längere Zeit als Friedenswächter eingesetzt gewesen waren, nach Kontaktnahme mit den drei Regierungen, als erste symbolische Einheiten der zukünftigen UN-Armee, die einmal 7000 Mann zählen soll, nach Ägypten. Auch die Regierungen Zyperns, Griechenlands und der Türkei wurden konsultiert. Sie hatten natürlich keine Einwände. Englands Air Force bot sich großzügig an, die UN-Krieger kostenlos an ihren neuen Bestimmungsort zu befördern. Ein historisches Datum: die ersten 35 Finnen verließen am 26. Oktober um 18.30 Uhr die Insel. Mit ihrer Übernahme in Kairo durch Generalmajor Siilasvuo wurde die UN-Armee Wirklichkeit. Innerhalb weiterer zwei Stunden trafen 27 Österreicher und 40 Schweden ein. Bis zum Morgen des 28. Oktober war dann die UNEF 585 Mann stark: 166 Österreicher, 204 Schweden und 215 Finnen. Waldheims Armee besaß zur Stunde bereits 48 motorisierte Fahrzeuge und Ausrüstung im Gewicht von 443.591 Pfund. Der Generalsekretär ersuchte unterdessen die drei Regierungen, die Mannschaftszahl auf ein volles Bataillon zu erhöhen, was auch geschah. Die norwegische Regierung bot Transportflugzeuge

zur - kostenlosen Beförderung der Schweden an. Mit der irischen Regierung wurden Verhandlungen eingeleitet, um das irische Kontingent der UNFICYP raschest zur UNEF überführen zu können. Sogar Panama bekundete durch seinen Vertreter, Aquilino Boyd, im Sicherheitsrat Interesse an der Friedenssicherung, indem es 200 Offiziere und Soldaten anbot. Noch nie wurde eine interna-

tionale Armee so schnell auf die Beine gestellt. Die Ereignisse jagten einander förmlich. Am 27. Oktober trat Waldheim an die kanadische Regierung heran. Die Fernschreiber liefen heiß.

Eine Vorausabteilung des schwedischen Kontingents erschien in Ismailia. Den Österreichern wurde mitgeteilt, daß sie auf dem heikelsten Terrain, nämlich am Bittersee, eingesetzt würden, sobald die notwendige Ausrüstung zur Verfügung stehe.

Inzwischen bemühte sich Waldheim auch, Diskussionen auf höchster Ebene, soweit als möglich emo-

tionslos, zu arrangieren, um koordinierte Maßnahmen mit den ägyptischen und israelischen Militärinstanzen zu erreichen. Die UNO-Beobachter, die alten „Blauhelme“ also, arbeiteten eng mit dem neuen UNEF-Kommando zusammen. Die Aktivität der erfahrenen Blauhelme war vor allem anfangs unentbehrlich. Generalmajor Sülasvuo, damals nur noch Kommandant der Beobachter, hatte bereits am 23. Oktober

die Kontrollzentrale in Ismailia im Einvernehmen mit den Ägyptern eingerichtet.

Waldheim vergaß auch nicht, die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Roten Kreuz aufzunehmen. Die Versorgung der eingekreisten Dritten ägyptischen Armee war eine Aufgabe, die rasch gelöst werden mußte und auch gelöst wurde.

Für die Geschichtsschreibung sei festgehalten: ein Convoy von 125 Lastwagen startete am 28. Oktober frühmorgens. Die ersten 10 Lkw mit UNEF-Fahrern trafen um 3.20 Uhr auf israelisch kontrolliertem Gebiet ein... Damit war die erste UN-Armee geboren!

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