6795218-1971_07_09.jpg
Digital In Arbeit

Terror und Thunfisch

Werbung
Werbung
Werbung

Die Tagung der OAS (Organisation amerikanischer Staaten), die Beschlüsse zur Bekämpfung des Terrorismus fassen soll, sowie der sogenannte Thunfischkrieg zwischen Ekuador und den USA lenken wieder einmal die Aufmerksamkeit auf die Divergenzen auf dem südamerkani-schen Subkontinent. Brasilien und Uruguay haben großes Interesse an einem interamerikanischen Abkommen, das den Terrorismus völkerrechtlich mit der Piraterie auf eine Stufe stellen wrürde.

Danuit würde das Territorialitätsprinzip, das im internationalen Strafrecht gilt, und das Asylrecht bei Terrorakten aufgehoben. Dabei gäbe der Entvsrurf, den die juristische Kommisssion der OAS in Rio ausgearbeitet hat, den Mitglledstaaten die Möglichkeit, fallwedse von der Regel abzuweichen. Aber alle Anzeichen sprechen dafür, daß die Konferenz schließlich eine noch biegsamere Form des Abkommens wählen wird.

Das Fernbleiben von sieben Außenministern, vor allem derer von Chile und Bolivien, deutet auf die ablehnende Haltung dieser Länder. Nun ist für derartige Beschlüsse die Zweidrittelmehrheit erforderlich, wenn sie erreicht wird, sind sie auch für jene Regierungen bindend, die nicht zugestimmt haben. Doch werden die panamerikanischen Verträge erst durch die Ratifizierung in den einzelnen Ländern wirksam, die sich oft jahrelang hinzieht, zweitens beweist die Haltung Mexikos, das entgegen dem OAS-Beschluß unangefochten die diplomatischen Beziehungen zu Kuba aufrecht erhält, die geringe Autorität der Interamerikanischen Organisation.

Praktisch besteht das PrcAlem vor allem darin, daß Chile unter der Präsidentschaft Dr. Allendes den linksextremistischen Bewegungen des Kontinents mit größerer Toleranz begegnen muß als andere Staaten. Aber es wäre unrichtig, die Gegensätze in dieser Frage nur in den Kategorien Rechts und Links zu sehen, denn der Grad, in dem das Asylrecht als Bestandteil des lateinamerikanischen Völkerrechts zu einer

„Kultumorm”, einem unabdingbaren Grundrecht geworden ist, ist in den einzelnen Staaten sehr verschieden.

Ob eine Zweidrittelmehrheit dafür stimmt, daß der Thunfischkrieg zwischen Ekuador und den USA auf dieser Tagung behandelt wird oder nicht — in jedem Fall spi.^t dieses Problem am Rande der Konferenz eine wichtige — vor allem psychologische — Rolle. Truman h st seinerzeit verlangt, das Hoheitsgebiet der Vereinigten Staaten bis zu den Grenzen des Kontinentalsockels vorzuschieben, so daß es grotesk erscheimt, wenn die USA den latemameri-kanlschen Ländern das gleiche Recht absprechen. In der „Erklärung lateinamerikanischer Staaten über Seerechte” haben bei der Sonderkonferenz in Lima (Jjli’August 1970) 14 Länder ihre Ansprüche auf die 200-Meilen-Zone zum ersten Male kollektiv proklamiert. Dabei geht es in erster Linie um den Fischreichtum, der sogar an der argentinischen Atlantikküste auf fünf Millionen Tonnen jährlich geschätzt wird. An der Paziflkküste ist Peru in kurzer Zeit zum größten Flschered-land der Welt aufgestiegen. Es mag in den USA Unbehagen hervorrufen, wenn das kleine Ekuador mit einem aus den USA gelieferten Zerstörer nordamerikanische Fischereischiffe aufbringt, aber die Repressalien, die Nordamerika unter dem Druck der kaMfomischen Interessenten auf Grund einer sehr anfechtbaren Gesetzgebung ergreift, können sich leicht als Bumerang erweisen.

Denn damit ergibt sich zum ersten Male eine Übereinstimmung zwischen Rotchina und den latomamerl-kanischen Staaten, die beide gegen die wirtschaftliche Ausbeutung ihrer kontinentalen Plattform durch die nordamerifcanischen und die sowjetischen Pischereiflotten protestieren.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung