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Interamerikanische Seifenblasen

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Zweieinhalb Stunden lang paradierten Einheiten der Streitkräfte von Panama, Bolivien, Kolumbien, Venezuela, Peru und Ekuador vor dem panamensischen Regierungschef General Omar Torrijos bei der Feier des 150. Jahrestages jenes Kongresses, den einst der lateinamerikaniche Befreier Simon Bolivar einberufen hat. Ursprünglich sollten die Präsidenten aller lateinamerikanischen Länder an diesem Fest teilnehmen, aber elf von ihnen sagten ab, weil auch Fidel Castro sein Kommen zugesagt hatte.

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Zweieinhalb Stunden lang paradierten Einheiten der Streitkräfte von Panama, Bolivien, Kolumbien, Venezuela, Peru und Ekuador vor dem panamensischen Regierungschef General Omar Torrijos bei der Feier des 150. Jahrestages jenes Kongresses, den einst der lateinamerikaniche Befreier Simon Bolivar einberufen hat. Ursprünglich sollten die Präsidenten aller lateinamerikanischen Länder an diesem Fest teilnehmen, aber elf von ihnen sagten ab, weil auch Fidel Castro sein Kommen zugesagt hatte.

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Dabei war die Konferenz der „Organisation Amerikanischer Staaten“ mit Rücksicht auf die geplante Einheitsfeier vorverlegt worden. Auch in Caracas, wo der venezolanische Präsident Carlos Andres Perez sprach und in Mexiko, wo bei dieser Gelegenheit ein neues der unzähligen Bolivar-Denkmäler eingeweiht wurde, feierte man den amerikanischen Helden. Der mexikanische Außenminister Alfonso Garcia Robles sagte bei dieser Gelegenheit: „In den wechselnden und vielschichtigen Formen der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Unterwerfung dringt von außen her der sogenannte ,Neo-Kolonialismus' ein.“

Es entsprach dam historischen Anlaß, bei allen diesen Feiern die Integration zu fördern; aber natürlich blieb es bei den Reden.

Das Tragische daran ist aber, daß auch auf lange vorbereiteten Konfe-

renzen wie der in Santiago de Chile zu Ende gegangenen „6. Generalversammlung der Organisation Amerikanischer Staaten“ keine greifbaren Ergebnisse erreicht wurden, daß man vielmehr wochenlang diskutierte, um schließlich zu Gemeinplätzen vereinfachte Beschlüsse zu produzieren. Die Delegierte von Jamaica, Patricia Durrant, sagte, nachdem wieder einmal die Verwässerung eines kritisierenden Antrages gelungen war: „Es ist schwer, nicht zuzustimmen.“

Es hätte gewiß nicht einer kostspieligen Konferenz und tagelanger Debatten bedurft, um festzustellen, was man ohnedies wußte. Die USA und Panama setzen ihre Verhandlungen über den Kanal fort; die nondamerikanische Regierung sucht vom Kongreß ziu erreichen, daß die Diskriminierung Venezuelas und Ekuadors im Außenhandelsgesetz aufgehoben werde.

In der brennendsten Frage, die „Verletzung der Menschenrechte“ durch 16 der 23 Mitgliedsstaaten betreffend, kam man zu dem Ergebnis, man müsse die Methoden zur Verbesserung des Schutzes dieser Rechte studieren und man werde mit der ^Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte“ zusammenarbeiten. Die Reform der „OAS“-Statuten wurde wieder vertagt. Die USA lehnen die Beschlüsse der zuständigen Spezial-kommission ab, haben aber eigene interessante Vorschläge unterbreitet. So wollen sie die häufigen und teuren Tagungen der „Räte“ (des „ständigen Rates“, des „Interamerikanischen Wirtschafts- und Sozialrates“ und des „Interamerikanischen Rats für Erziehung, Wissenschaft und Kultur“) unterbinden oder sie eventuell ganz abschaffen, dafür aber den Jahrestagungen, unter Teilnahme der Wirtschaftsminister, mehr Gewicht geben. Auch setzen sie sich für die „Universalität“ der Organisation ein. Neu entstehende Staaten sollen demnach automatisch Mitglieder werden. Die wichtigsten Punkte, nämlich die Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Lateinamerika und den USA, und die Bildung von Fonds, um die Produktion und den Export von Rohstoffen zu verbessern, wur-

den im Prinzip gebilligt, ihre Lösung aber einer Spezialkonferenz übertragen, die im nächsten Jahr in Lima tagen soll.

Der chilenische Außenminister, Vizeadmiral Patricio Carvajal, sagte in seiner Schlußrede, daß die erreichten Resultate ein konstruktives und realistisches Bild von der Entwicklung der Organisation gäben und daß die Einrichtung eines nicht formellen Dialoges der Außenminister vor Beginn der Arbeit der Kommissionen jeweils nützlich wäre. Die chilenische Militärregierung konnte mit dieser Konferenz zufrieden sein. Daß sie in Santiago abgehalten wurde und daß die scharfe Stellungnahme gegen die Verletzung der Menschenrechte zu einer leeren Phrase zerschmolz, mag für sie ein Triumph gewesen sein. Für die lateinamerikanische Integration und für den wirtschaftlichen Fortschritt des Halbkontinents war sie nichts als eine Seifenblase.

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