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Zentralproblem: Preise

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Beim besten Willen war bei der Abfassung der Regierungsprogramme von 1970 und 1971 nicht absehbar, wie sehr sich die Energielage in den wenigen Jahren verändern würde. Dennoch gilt die damals getroffene Feststellung „Die billige, sichere und ausreichende Versorgung mit Energie ist eine Grundvoraussetzung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Österreichs' grundsätzlich noch immer.

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Beim besten Willen war bei der Abfassung der Regierungsprogramme von 1970 und 1971 nicht absehbar, wie sehr sich die Energielage in den wenigen Jahren verändern würde. Dennoch gilt die damals getroffene Feststellung „Die billige, sichere und ausreichende Versorgung mit Energie ist eine Grundvoraussetzung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Österreichs' grundsätzlich noch immer.

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Allerdings haben wir in der Zwischenzeit die Erfahrung gemacht, daß die auch für den heutigen Bedarf durchaus noch ausreichenden Energiequellen unserer Erde keine Garantie für eine sichere und ausreichende Versorgung darstellen. Jetzt würden wir daher wohl „sicher“ und „ausreichend“ in den Vordergrund und dem Wort „billig“ „möglichst“ voranstellen.

Die zweite Feststellung der Regierungserklärung: „Dazu wird die Si-cherstellunjg einer verstärkten Koordinierung der einzelnen Energieträger angestrebt“, ist inzwischen erfüllt:

• Mit dem Inkrafttreten des Mini-sle.riengesetzes wurde am 1. Jänner 1974 alle energiepolitischen Kompetenzen im Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie konzentriert.

• Am 15. Jänner 1974 beschloß die Bundesregierung Leitlinien für einen österreichischen Energieplan, die ein alle Energieträger umfassendes energiepolitisches Programm enthalten.

• Am 25. Jänner konstituierte sich der von mir neu geschaffene Energiebeirat, in dem alle an der Energiepolitik interessierten Gruppen vertreten sind. Der Beirat wird mich in allen entscheidenden Fragen der Energiepolitik beraten.

• Das Institut für Wirtschaftsforschung erhielt von mir den Auftrag, alljährlich eine kurz- und mittelfristige Energiebedarfsprognose aufzustellen. Eine erste Fassung der mittelfristigen Prognose (Vorschau auf 1980 und 1985) wurde am 30. Jänner 1974 in einer Enquete bekanntgegeben.

Die Leitlinien für einen österreichischen Energieplan enthalten als Schwerpunkte:

• Weitestgehende Nutzung der heimischen Energiequellen,

• Sicherung der unerläßlichen Importe,

• Aufbau einer ausreichenden Bevorratung.

Mein Ressort wird nunmehr auf Grundlage der Leitlinien einen Energieplan ausarbeiten, der im Energiebeirat besprochen und hierauf der Bundesregierung vorgelegt werden soll. In den kommenden Jahren wird dieser Energieplan alljährlich den Gegebenheiten angepaßt werden.

Mit der Feststellung der Regierungserklärung von 1971, daß bezüglich der Stromversorgung innerhalb der nächsten zehn Jahre eine doppelte Belastung zu erwarten ist, die gewaltige Investitionen erfordert, unterscheidet sich die Zielsetzung der gegenwärtigen Bundesregierung sehr wesentlich von der Praxis der vorhergehenden. Das bisherige Tempo des Ausbaues der Elektrizi-tätswirtschaft wie auch die Zielsetzungen der energiepolitischen Leitlinien beweisen, daß die gegenwärtige Regierung auch diesen Punkt des Regierungsprogrammes voll erfüllt.

Ich würde glauben, daß diese Maßnahmen — wenn man die kurze Zeit in Betracht zieht, seit der mir die zusammenfassende Energiekompetenz übertragen ist — an sich eine befriedigende Bilanz darstellen.

Gleichzeitig mit der Schaffung der Voraussetzungen für eine moderne Energiepolitik war ich jedoch auch mit den bekannten Tagesproblemen konfrontiert. Innerhalb eines Zeitraumes von kaum einem halben Jahr wandelte sich die Lage der österreichischen Energieversorgung grundlegend. Politisch motivierte Boykottmaßnahmen und eine vorsichtigere Politik der ölexportierenden Staaten beim Abbau ihrer Naturschätze lösten zuerst Mangelerscheinungen und hierauf kräftige Steigerungen der Energiepreise aus.

Oberstes Leitziel meiner Politik war, bei Mangelerscheinungen die verfügbaren Mengen wirtschaftlich optimal einzusetzen. Die Erhaltung von Arbeitsplätzen und die Vermeidung ernster Störungen im Wirtschaftsgeschehen mußten — auch unter Einschränkung des privaten Konsums — gewährleistet werden. Es war jedoch meine tiefste Überzeugung, daß Sparmaßnahmen, weil sie in die private Sphäre eingreifen, nur zu verantworten sind, wenn tatsächlicher Zwang hiezu gegeben ist. Dies ist der Grund, warum ich ein Stufenprogramm für Sparmaßnahmen ausarbeiten ließ, und jede Maßnahme nur gemäß der jeweiligen Versorgungslage in Kraft setzte.

Die Versorgungslage hat sich inzwischen quantitativ gesehen wieder entscheidend verbessert. Wenn diese Entwicklung anhält, können Sparmaßnahmen bereits in absehbarer Zeit wieder zurückgenommen werden. Mit der Tatsache des kräftig angestiegenen Preisniveaus werden wir uns jedoch leider vertraut machen müssen.

Welche Problame aus dieser Sicht noch auf uns zukommen, illustriert die Prognose des Wirtschaftsforschungsinstitutes, derzufolge, betreffend Mineralöl und Mineralölprodukte, im Durchschnitt 1974 die Importpreise CIF mindestens doppelt so hoch sein werden, wie im Durchschnitt 1973, wobei die Kurssteigerungen des Dollars weitere Verteuerungen nach sich ziehen können. Die laufende Zahlungsbilanz wird bei gleichen Importmengen durch die ölverteuerung mit rund 6 Milliarden Schilling belastet werden. Der Preisanstieg wird damit nicht nur zum Problem des einzelnen Staatsbürgers, sondern auch zu einem gesamtwirtschaftlichen.

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