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Zur Reform der Reform der Reform

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Wer im politischen Postenbeset-aunigisspiel, in dem es (nach wie vor, oder mehr denn je?) zugeht wie bei der Mafia oder beim kleinen Lotto, einen Stich gemacht hat, dem kann es auch beschieden sein, einmal einen Spatenstich tun zu dürfen, was ihm am Anfang seiner normalen, darum aber nicht minder ehrbaren Karriere nicht bestimmt gewesen zu sein schien. Also tat der Jurist und Sektioosnat Otto Oberhammer, von eines anderen Juristen Dkimierungs-rechtes Gnaden derzeit General-intendanilj des ORF, einen Spatenstich in Klagenfurt und äußerte dabei Pläne über das Regionaifern-sehen, die andere schon zu Zeiten gemacht haben, da er loch seinem erlernten Beruf im Justizministerium! nachging und vom Femsehen vielleicht nicht mehr wußte, als wo sich jener Knopf an der Flimmerkiste befindet, mit dessen Hilfe man diese ein- und — zum Glück — auch wieder ausschalten kann,'

So — beispielsweise — könnte man die ORF-Pläne zur Verwirklichung des Regionfalfernsehens einibegleiten, wollte man boshaft sein und, dem Sprichwort folgend, daß der Fisch vom Kopf stimkt, wieder einmal gegen Oberhiammer losziehen, der jedoch, weil er eine empfindsame Seele besitzt, Anspruch auf besondere Schonung hat.

Sticheleien gegen den ORF-Gene-railimtendanten und die Politiker dm Kuratoriium sind auf die Da»uer ermüdend und auch nicht zielführ «nid: besser imögen schar» sachliche Hinweise auf die vielfältigen Möglichkeiten sein, die zumal das Regionalfernsehen bietet und die geeignet wären, die verratenen Ziele der Reform der Reform ohne neues Rundfunkgesetz, ja sogar ohne das

Minimum einer Novellierung und ohne Köpferollen, zumindest partiell doch noch zu erreichen.

Schon das alte, von der ÖVP-Mehrheit erzwungene Rundfunkgesetz spiegelte — wenn auch matt — die föderalistische Struktur unseres bundesstaatlichen Vaterlandes wider.

Das neue von der SPÖ-Mehr-heit durchgedrückte Rundfunkgesetz nimmt sich bundesländerfreundlicher aus: die ,,Ferns«h!hoheit'' der •Laradesintendawten hat ein Stück mehr papierene Basis erhalten und auch ein wenig Budgethoheit ist hinzugekommen, gerade ausreichend, um mehr aktuelle Sendungen und die Beiträge zu jenem Ö-BM zu produzieren, das eine der meistgesehenen, bezeichnenderweise aber am schlechtesten dotierten und mit den notdürftigsten Mitteln bewerkstelligten Fernsehsendungen ist.

Im Zuge der Reform der Reform drängte es sich förmlich auf — und auch Vorschläge in der Rundfunkreformkommission gingen in solche Richtung —,'an Stelle eines schwer realisierenden, weil noch dazu von zwei ähnlich ausgerichteten. Fem-sehintenidanten, den beiden vom Fach her glänzenden innenpolitischen Journalisten Kreuzer und Weis, gestalteten .^Kontrastprograrams“ ein „National“- und „Regionalprogramm“ zu installieren: analog dem bewährten Hörfumikbeispiel, welches Ohne technische Schwierigkeiten und Mehrkosten mit Hilfe des Mediums Film schien längst hätte vom Fernsehen übernommen werden können.

Gelänge es, ein Regionalfernsohen unter Vermeidung der katastrophalen Fehler, vor allem in der obskuren Personalipolitik der Reform der Reform, aufzubauen — 1974 taten die miachthalbemden Politiker alles, um Fachleute, wie beispielsweise Gerhard Bronmer, von den Schalthebeln ihjes Refonmiwdfunks fernzuhalten —, ließe sich verhältnismäßig rasch ein besseres Programm auf die Büüdjsehirirne bringen: ein Programm, das den richtigen Forderungen der Reform der Reform nach „ausgewogener Meinungsvielfalt“ — die nicht nur politisch zu verstehen ist — entspräche, ein Programm, das die zugunsten der Information, dem Liebkind der Politiker und Journalisten, und zuungunsten der Kultur gestörte Balance zwischen den drei gleichrangigen Aufträgen des Rundfunks, dem Bildungs-, Unterhal'tungs- und In-formationsauftraig, wiederherstellen könnte.

Eine solche Chance sollten sich die ORF-Mächtigen, die 34 oder 47 Köpfe und diejenigen, die dahinterstehen und so manchem Kopf die eigenen Gedanken erst einblasen, nicht entgehen lassen: ein Schritt zur Reform der Reform der Reform wäre über das Regionalfernsehen ohne viel parteipolitisches Spektakel schon in naher Zukunft gangbar. Gewinner könnten nicht zuletzt jene schöpferischen Kräfte des Mediums sein, an die Alfred Stingl, SPÖ-Politiker und ORF-Kurator, vielleicht auch gedacht haben mag, als er im BSA-Organ schrieb: „Nachdem jede Politik den Menschen berührt, ist das Schöpferische des Menschen mitein-zubeziehen; Politik (daher auch Medienpolitik, Anmerkung des Verfassers) ist auf die individuellen Fähigkeiten des Menschen, auf seine gesellschaftliche Funktion und seine kulturelle Entwicklung hin zu orientieren.“

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