50 Jahre "Nelkenrevolution": Wohin geht Portugal?
Vor 50 Jahren beendeten Militärs die Diktatur in Portugal. Die Bevölkerung erhoffte sich Freiheit und Gerechtigkeit – und muss aufgrund des Rechtsrucks erneut darum bangen.
Vor 50 Jahren beendeten Militärs die Diktatur in Portugal. Die Bevölkerung erhoffte sich Freiheit und Gerechtigkeit – und muss aufgrund des Rechtsrucks erneut darum bangen.
Die Zeitung República hatte schon am Vorabend die Eingeweihten auf das lohnenswerte nächtliche Musikprogramm von Rádio Renascença hingewiesen. Kurz nach Mitternacht am 25. April 1974 war es dann so weit. Der katholische Radiosender spielte das vom Regime streng verbotene „Grândola, Vila Morena“ des antifaschistischen Liedermachers José Afonso. Es war das heimlich ausgemachte Signal für die Putschisten der „Bewegung der Streitkräfte“ (MFA). Bereits um drei Uhr morgens besetzten erste MFA-Einheiten in Lissabon den Flughafen, Ministerien sowie Radio- und Fernsehsender. Über den Rundfunk unterrichtete man die Bevölkerung über den Putsch und bat die Einwohner, Ruhe zu bewahren und in den Häusern zu bleiben. „Wir hoffen aufrichtig, dass die schweren Stunden, die wir durchleben, durch keinen Unglücksfall getrübt werden. Wir appellieren an Vernunft und Einsicht der übrigen Truppen, damit jeder Zusammenstoß mit den Streitkräften vermieden wird.“
Die Kirche und Salazars Allmacht
Die regimetreuen Truppen ergaben sich relativ widerstandslos. Doch die Bevölkerung hörte nicht auf die Bitte. Als die ersten Panzerkolonnen der MFA gegen 5.30 Uhr über die Avenida da Liberdade in die Hauptstadt vorrückten, säumten bereits tausende Menschen die Straßen, empfingen die Soldaten mit Jubelschreien und Gesängen. Es war Nelkenzeit, und spontan fingen die Menschen an, den Soldaten rote Nelken in ihre Gewehrläufe und an ihre Uniformen zu stecken. Der Militärputsch wurde zur Volksrevolution – die schließlich als „Nelkenrevolution“ in die Geschichtsbücher einging.
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