6675878-1961_21_10.jpg
Digital In Arbeit

Greif zu, mein Freund

19451960198020002020

DIE GROSSE VERSCHWENDUNG. The Waste Makers. Von Vance Packard. 37t Seiten. Preis 19.80 DM.

19451960198020002020

DIE GROSSE VERSCHWENDUNG. The Waste Makers. Von Vance Packard. 37t Seiten. Preis 19.80 DM.

Werbung
Werbung
Werbung

Packards drittes, deutsch erschienenes Buch ist in vieler Hinsicht illustrativ. Es zeigt, wie selten eine Arbeit, die großen Gefahren des kapitalistischen Systems. Das, was in den USA heute existiert, ist zu einem guten Teil auch bei uns schon Wirklichkeit geworden. Wer hätte sich nicht auch bei uns schon darüber geärgert, daß ein zwei Jahre alter Anstrich bereits wieder abblättert, weil der Lack in der Qualität sehr schlecht ist; über die Auspufftöpfe von Autos, die alle 25.000 Kilometer kaputtgehen (wie beim Simca des Rezensenten). Wer ärgert sich nicht über das bewußte Schlechtermachen von Nylonstrümpfen, über die Tatsache, daß Autoreifen doppelt so lange fahren könnten, wenn man das nur wollte. Ist es nicht eine Niedertracht, wenn man Gänschen oder Teenagern samt ihren dummen Eltern einredet, daß sie Gott weiß was alles haben müßten, wenn sie nicht Menschen zweiter Garnitur sein wollten?

Daß man durch Mode die Leute dazu zu bringen sucht, daß sie gute Dinge wegwerfen, all das ist doch eine neue Art von Ausbeutung, denn wenn man so viele Dinge haben muß, muß man auch unheimlich viel arbeiten, auch wenn man das Recht hat, weniger zu arbeiten. Propagandistischer Druck auf den Verbraucher, gute Dinge wegzuwerfen und schlechte. .Zu käufen, all dies, was sich hier manche Industrie leistet, ist doch etwas, das mit Gewalt staatliche Qualitätskontrollen herbeiruft, um einen systematischen Betrug des Verbrauchers zu verhindern.

Natürlich hat man, und auch Packard, kein Interesse, echten Fortschritt zu verhindern. Wenn ein Auto den Wankel- Motor erhält und damit weniger Treibstoff verbraucht, einfachere Wartung ermöglicht, dann ist dies ein echter Fortschritt, nicht jedoch lächerliche Änderungen am Kühlergrill, die nur vorgenommen werden, damit man merkt, aus welchem Jahr der Wagen ist. Es wird sich als nötig erweisen, ganz genau die verschiedenen Aspekte der Packardschen Feststellungen durchzudenken und Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers — sie existieren ja bei Lebens- und Arzneimitteln — auf breiter Front einzuführen.

Auf jeden Fall bedeutet Packards Buch eine sehr bemerkenswerte Kritik des freien Wirtschaftssystems an wirklich entscheidenden Punkten, ohne daß er selbst ein Gegner im grundsätzlichen wäre. Denn seine Vorschläge, der maßlosen Verschwendung durch eine Rückkehr zur Qualität auch mit intensiven Qualitätskontrollen Einhalt zu gebieten, ist eine sehr interessante Sache. So erfahren wir zum Beispiel, daß man solche in Kalifornien bei der Konservenindustrie ein- fütee. Stufen der Qualität feststellte, Jede Konserve mufitd hurt die Qualitätsangabe aufweisen. Damit war das Interesse des Publikums an der Propaganda (die uns so widerlich überschwemmt) geschwunden, denn es beurteilte bei einer Konserve die Kombination von Preis und Qualität, die Marke war uninteressant geworden. Dadurch eroberten die mittleren Firmen, die zwar gute Konserven, aber nicht genügend Propaganda machen konnten, innerhalb von zwei Jahren 75 Prozent des Marktes, wobei außerdem eine Verbilligung eintrat und der Konsument mehr Ruhe von der Propaganda hatte. Alle diese Auswirkungen sind vom Standpunkt einer freien Wirtschaft höchst positiv, denn es wird der produktiven Initiative mehr Raum gegeben, da wieder eine wesentlich geringere Menge an Grundkapital zum

Start notwendig ist (es fallen ja wieder sehr hohe Propagandakosten weg).

Überall gibt es einen Schutz des Konsumenten vor gesundheitsschädlichen Produkten, warum soll er nicht auch gegen bewußten Ramsch mit eventuell überhöhten Preisen geschützt werden? Auch die Zeitungen könnten etwa, den annoncierenden Autofirmen zum Trotz,’ nicht einfach nur Anfangstests machen, sondern auch Statistiken über Reparaturen usw. veröffentlichen.

Auf jeden Fall sollten die Verantwortlichen das neue Buch Packards sehr wohl studieren, um allen höchst unseriösen Entwicklungsmöglichkeiten rechtzeitig einen Riegel vorschieben zu können.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung