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Probleme einer übernationalen Streitmacht

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Die Bestrebungen zur Aufstellung einer westeuropäischen oder einer noch weitere Räume des Erdballes umfassenden Streitmacht sind in ein so weit vorgeschrittenes Stadium getreten, daß es nützlich zu sein scheint, sich über einige sachliche Probleme Rechenschaft zu geben, die in Erscheinung treten werden, wenn das Projekt aus dem Bereiche der Idee in den der Verwirklichung treten wird. Wie kann ein solches, aus Nationen mit verschiedensten militärischen Organisationsformen, Kommandosprachen und technischen Ausrüstungen gebildetes Heer einheitlich und schlagkräftig gestaltet werden?

Streitkräfte verschiedener Staaten sind bisher in der Geschichte nur vorübergehend in Form von Koalitionsheeren zu gemeinsamen Aktionen für konkrete Kriegsfälle bloß unter einem gemeinsamen, oft sachlich recht begrenzten Oberbefehl zusammengeschlossen worden, es sei denn, daß man da an die ehemalige österreichisch - ungarische Armee denken wollte, die sich ja aus zwei verfassungsrechtlich getrennten Staaten, Österreich und Ungarn, sowie einem gemeinsamen Reichsgebiet, Bosnien und der Herzegowina, rekrutierte. Aber diese Wehrmacht bestand aus einem einheitlichen gemeinsamen Heer, das zwischen den beiden Staaten das verfassungrechtlich unantastbare Bindeglied darstellte, nur durch die Landwehren beider Staaten und Bosniens ergänzt wurde und unter dem souveränen Verfügungsrecht und Oberbefehl des gemeinsamen Herrschers stand. Allerdings umfaßte dieses k. u. k. Heer Truppen mit überaus bunter nationaler und national-sprachiger Zusammensetzung in voller organisatorischer Form unter seiner einheitlichen, gemeinsamen Führung.

Immerhin zeigt das Beispiel Altösterreichs, das in der denkbar vollkommensten Form elf zum Teil auch verfassungsrechtlich unterschiedliche Heeresteile vereinigte, wie verschiedene nationale und politische Individualitäten zusammengeschlossen werden können, aber auch die Schwierigkeiten, welche bei der Lösung der Aufgabe zu überwinden sind. Nicht zu vergessen ist, daß diese österreichisch-ungarische Wehrmacht das Produkt einer mehrhundertjährigen Entwicklung und schwerer Erprobungen war. Wenn heute von einer westeuropäischen, atlantisdien oder UNO-Streit-madit gesprochen wird, so fehlen für eine auch nur annähernd so vollständige Organisationsform, wie sie das k. u. k. Heer zeigte, dem heutigen Plan selbstverständlich alle staatsrechtlichen und auch geistig-seelischen Voraussetzungen.

Vielleicht ist es nicht uninteressant, in Erinnerung zu rufen, wie sich die Schöpfer der „Vereinten Nationen“ den Aufbau ihrer Exekutivmacht, der internationalen Streitmacht der UNO, vorgestellt haben. Es war vorgesehen, daß sich jedes

MitgJied durch ein Abkommen mit dem Sicherheitsrat zur Bereitstellung eines nach Zahl und Art der Einheiten genau bestimmten Truppenkontingents für die UNO-Exekutive verpflichten solle. Die Verfügungsgewalt über die so bereitgestellten Kontingente sollte der Sicherheitsrat haben, dem zur Beratung in allen militärischen Fragen, für die general-stabsmäßige Vorbereitung möglicher Einsatzfälle, für den Einsatz und die strategische Führung der Truppenkontingente, ein militärisches Stabskomitee unterstehen sollte.

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