Die Kirche als Demokratie sui generis
„Über die Wahrheit lässt sich nicht abstimmen“, meinen viele mit Blick auf die aktuelle Weltsynode. Doch das ist fern jeder kirchlichen Realität. Ein Gastkommentar.
„Über die Wahrheit lässt sich nicht abstimmen“, meinen viele mit Blick auf die aktuelle Weltsynode. Doch das ist fern jeder kirchlichen Realität. Ein Gastkommentar.
Das oft gehörte Schlagwort, die katholische Kirche sei keine Demokratie, kann jede ernsthafte Diskussion über kirchliche Strukturfragen im Keim ersticken (und wurde und wird dazu auch vielfach verwendet). Selbst in den Vorbereitungsdokumenten der aktuellen Weltsynode in Rom findet sich die Tendenz, sich von demokratischen Regelwerken abzugrenzen.
Das ist aus mehreren Gründen bedenklich: zum einen wegen der abwertenden Haltung, die hier durchscheint. Demokratie als demokratische Regierungsform ist zwar weder perfekt noch über jegliche Kritik erhaben. Oder wie Winston Churchill es in meisterhaftem Understatement formulierte: Sie ist die beste aller schlechten Regierungsformen. Aber jegliche Fundamentalkritik stellt vor die Frage: Was sonst? Solange man hier keine Antwort geben kann, sollte man davon die Finger lassen. Auch, um nicht autokratische Tendenzen zu fördern.
Ernsthaft auf den anderen hören
Eine Diskreditierung der Demokratie als „Diktatur des Relativismus“ ist bedenklich, nicht zuletzt, da sie eher die Erfahrung Platons als die menschenrechtsbasierten Demokratieformen der Moderne betrifft. Die Betonung der negativen Seiten des Parlamentarismus verlangt so, dass man bessere Optionen hat. Trotz der Fülle teils beeindruckender theologischer Reflexionen über Synodalität in letzter Zeit zeigt sich hier, dass diese begrenzt sind und grundlegend Neues wohl gar nicht möglich ist.
Ernsthaftes Hören auf den Anderen und seiner Argumente ist Teil jeder demokratischen Debattenkultur – oder sollte es sein! Die geistige Einbettung der Suche nach gemeinwohltauglichen Lösungen durch Gebet und Fasten dürfte sich jedenfalls für Christen und Christinnen nahelegen.
Die Modi der Entscheidungsfindung sind damit freilich noch nicht geklärt. Dass diese auch in der Kirche von jeher mit demokratischen Mehrheiten stattfand, geht in der Debatte schlicht unter. So findet sich im Neuen Testament die Wahl des Matthias zum zwölften Apostel (Apg 1,15-26).
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