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Theologie der Ästhetik

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HERRLICHKEIT, EINE THEOLOGISCHE ÄSTHETIK. Band III, 2. Theologie, Teil 1, Alter Bund. Von Hans Urs von Balthasar. Johannes-Verlag, Einsiedeln, 1967. 413 Selten. »Fr. 35.—.

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HERRLICHKEIT, EINE THEOLOGISCHE ÄSTHETIK. Band III, 2. Theologie, Teil 1, Alter Bund. Von Hans Urs von Balthasar. Johannes-Verlag, Einsiedeln, 1967. 413 Selten. »Fr. 35.—.

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So sehr sich die Arbeit an der theologischen Ästhetik auch ausweitete, so beginnt sich das Thema nun doch zum Kreis zu schließen. Wohl wurde an der Dreiteilung festgehalten, doch der dritte Band wird selbst wieder drei, wenn nicht vier Bände umfassen. Nach theoretischen Überlegungen, aus Philosophie und Theologie, nach der Auffächerung dieser Überlegungen in die geschichtlichen Stile, führen die nun abschließenden Erwägungen dorthin, woher alle Theologie kommt, in den Raum der Heiligen Schrift. Denn vor der Selbstmitteilung Gottes und der darauf folgenden Antwort des Geschöpfes gibt es kein Ausweichen. Maß und Gesetz menschlichen Denkens und Handelns können nur von der Offenbarung Gottes genommen werden. Schon in der Einführung des vorliegenden Bandes wird der Zündstoff, der in dieser Aussage liegt, für die gegenwärtige Thematik aktualisiert: Entsakralisierung, Liturgie, zwischenmenschliches Mitsein, Eros. Gehorsam und Autorität, Gnade, Ästhetizismus sind höchst brisante Themen. Sie können nicht von aktuellen Lieblingsvorstellungen und zeitgemäßem Wunschdenken her angegangen werden, sondern nur von der Tatsache der in die Geschichte ergangenen Selbstmitteilung Gottes, „nicht von einem neutralen Vorwissen her, was Worte besagen, was Wahrheit ist, also nicht von einer vorgängig eröffneten dialogischen Ebene, sondern allein durch ein primäres Betroffensein von der undialogischen Voraussetzung des angeknüpften Dialogs, nämlich der Göttlichkeit oder Herrlichkeit Gottes. Fände dieser Schock nicht statt, so stünde das ganze Gespräch auf einer Grundlage von Unwahrheit.“ Es geht nicht primär um Wahrheiten, die eingesehen oder geglaubt werden, weil sie den Verstand übersteigen, noch weniger um Wahrheiten, die von der Zeit als zeitgemäß — ein Kaugummibegriff — gefordert werden, sondern um den lebendigen Gott in Seiner Herrlichkeit, die Er uns geoffenbart hat. Daß für diese Herrlichkeit Gottes das Alte Testament, ohne das das Neue einfach nicht verständlich vollziehbar ist, besonders zuständig ist, zeigt schon ein ganz oberflächlicher Überschlag der alttestamentlichen Gotteserscheinungen (brennender Dornbursch, Sinai, Tempelweihe, Prophetenvisionen). „Je tiefer ein Geschöpf der Herrlichkeit Gottes begegnen darf, desto erhebender über es selbst und über alles Geschaffene hinaus möchte es diese Herrlichkeit verherrlichen.“

Gottes offenbarende Herrlichkeit in ihrer „sinnlichen Anzeige“ ist also abzuhandeln — bezeichnenderweise unter diesem Aspekt auch die Liturgie (nicht bloß als funktionelles gemeinschaftliches Bauen oder Agieren!) — und dann das Bild und Gleichnis des Geschöpfes, daraus mündend Gnade und Bund. Daraufhin entsteht dann das Drama von Sünde und Heiligkeit, Dunkel und Prophetie. Wenn das Buch dann schließt mit der „leeren Zeit“, mit dem „Heute ohne Herrlichkeit“, gemeint ist die nachprophetische und nachexilische Zeit des Volkes Israel, wird die ganze Spannung der Bibel zur Gegenwart offenbar; sie berichtet ja nicht blinde Fakten, sondern eröffnet ein Sinngefüge für alle Zukunft wirksam. Der Entwurf dieser bibeltheologischen Ästhetik stellt dann auch Bild und Sprache des Menschen, sein Handeln und Glauben, im Letzten immer ein ästhetischer Akt, unter ihr Gesetz. Was von der Weisheit gesagt wird, gilt auch von der Schönheit: ihr Ursprung und ihre Vollendung ist die Furcht Gottes. Die vielen Hinweise auf das Neue Testament zeigen seine Verklammerung mit dem Alten. Allerdings nicht in der alten Art bloß historisch kritischer Rückverweise, sondern in einer Aktualisierung des in der Geschichte immer gegenwärtigen Volkes Gottes, die das Instru- mentar liefert, beide Testamente aneinander „auszuworten“, die Bezo- genheit, aber auch den qualitativen Unterschied beider Testamente sichtbar werden zu lassen. Wir erwarten also mit Spannung den folgenden Band der neutestamentlichen Herrlichkeit.

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