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Die Steuereskalation
„Eine größere Heuchelei als diese Forderung ist übrigens gar nicht denkbar“, lautete die Antwort des Wiener VSzebürgermeisters Slavik auf das Verlangen der Volkspartei nach dem Bau einer Untergrundbahn in Wien. Also sprach der von seinen Parteigenossen taxfrei zum Finanzgenie ernannte — vor nunmehr fast genau zehn Jahren. Inzwischen hat bekanntlich eine bei Politikern gar nicht so seltene Mei-nungsänderung um 180 Grad stattgefunden, und im Zuge einer „modernen Gestaltung und liebenswerten Erhaltung“ Wiens dünkt eine Kopfsteuer, wie sie heute vornehmlich noch in unterentwickelten Ländern vorgeschrieben wird, als scheinbar einzige Lösung des Finanzde-rungsproblems.
Daß es sich hiebei keineswegs um eine wirtschaftsfördemde Maßnahme handelt, leuchtet selbst dem volkswirtschaftlichen Laien ein. Umso mehr traf diese Arbeitsplatz-Steuer den gelernten Ökonomen Finanzminister Koren, wobei offenbleibt, ob der sozialpolitische Nonsens der erhöhten Unternehmensbelastung seitens einer Partei, die seit Jahrzehnten mit dem Schlagwort der „Vollbeschäftigung“ operiert, den Volkswirt mehr schmerzt als die eineinhalb Milliarden Schilling, die den Bund zusätzlich zu den 2,4 Milliarden treffen werden, dem Finanzmindster ans Herz gehen.
Korens Abwehrschlacht
Nach Korens Auffassung gibt es in diesem Zusammenhang überhaupt keine Steuer oder Abgabe, die wirtschaftlich vertretbar wäre; die ihm genehmste Form der Finanzierung sei der Anleiheweg. Der Minister will auch alle ihm zu Gebote stehenden Mittel einsetzen, um diesen Gesetzesbeschluß noch im letzten Moment zu torpedieren. Es scheint fast sicher, daß die Bundesregierung seiner Empfehlung, gegen das Wiener Landesgesetz Einspruch zu. erheben, Folge leisten wird. Noch sicherer allerdings dürften sich diese Bemühungen zu einem Kampf gegen Windmühlen gestalten, da wieder einmal Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit auseinanderklaffen und der nach dem Finanzverfassungsgesetz vorgesehene
26er-Ausscbuß bekanntlich „aktionsunfähig“ ist, was in diesem Fall die Position der Bundesregierung entscheidend beeinträchtigt. Als Notbremse wäre allerdings ein Einspruch des Bundesrates gegen die finanzielle Beteiligung des Bundes am U-Bahn-Bau denkbar, wenngleich aus optischen Gründen eher unwahrscheinlich.
Finanzhasard
Während drei Astronauten auf dem Wege sind, das „größte Abenteuer der Menschheit“ mit Erfolg zu bestehen, stürzt sich die Wiener Kommunalverwaltung mit einem — im Vergleich zu anderen Großstädten — halben Jahrhundert Verspätung in ein wirtschaftliches Abenteuer, an dessen erfolgreichem Ausgang mit Recht erhebliche Zweifel nagen. Von der Fragwürdigkeit der Finanzierungsmethode abgesehen, wird die Schaffung eines weiteren präsump-tiven Defizitunterneihimens die finanzielle Situation der Bundeshauptstadt für die Zukunft weiter anspannen. Dabei ist noch gar nicht die traditionelle Bauverzögerungsrate berücksichtigt, die bei den stetig steigenden Baukosten und dem vorgesehenen „Fleckerlteppich“ ebenfalls beträchtliche, noch nicht kalkulierte Summen verschlingen dürfte.
Die zweckgebundenen Steuereinnahmen auf Kosten der Wiener Wirtschaft werden von Vizebürgermeister Slavik mit 235 Millionen Schilling angegeben, von denen er jedoch nur 118 Millionen als tatsächlichen Verlust verbucht haben will, da die Differenz Steuer-abschreibbeträge ausmachten. Als Anzapfungsquelle dienen 25.282 Betriebe, die insgesamt 453.000 Beschäftigte aufweisen.
Leichter Hohn scheint hingegen aus der Feststellung Minister Korens zu triefen, daß die finanzielle Situation Wiens, gemessen an anderen Großstädten, glücklich zu schätzen sei, da infolge der seit Jahren stagnierenden Bevölkerung ein relativ geringer Aufgabenzuwachs zu verzeichnen sei. Vielleicht findet man noch einige geeignete Maßnahmen, Abwanderungstendenzen zu fördern und auf ähnliche Weise Fehlfinanzierungen abzudecken ...
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