Über Sinn zum Glück

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Sinnvolle Arbeit macht Spaß und ist gesund. Anna Maria Pircher-Friedrich denkt beim Führen an Viktor Frankl.

Viktor E. Frankl ist der Begründer der "Dritten Wiener Schule der Psychotherapie", die er selbst mit dem Doppelbegriff "Logotherapie und Existenzanalyse" bezeichnete. Sein Hauptziel war es, den Menschen wieder zurückzuführen in die Verantwortung und Authentizität. Frankl hat mit seinem wissenschaftlich fundierten und praktikablen Sinnkonzept ein grandioses Erbe hinterlassen, das Antwort auf die brennenden Fragen der Zeit in allen Lebenslagen geben kann.

Da sich in meinen jahrelangen wissenschaftlichen Untersuchungen und praktischen Erfahrungen gezeigt hat, dass der Mensch in seinem Ausgerichtet-Sein auf Sinn- und Werteorientierung die konstitutive Grundlage für menschliches und wirtschaftliches Wachstum darstellt, habe ich mein Führungskonzept, neben dem systemischen Managementansatz und dem Konstruktivismus, auf das ressourcenorientierte und dem Menschen in seiner Würde entsprechenden Gedankengut von Viktor Frankl aufgebaut. So ist es möglich den wachsenden Herausforderungen zu trotzen und über glückliche Menschen zu "glücklichen Bilanzen" zu gelangen.

Postmoderne ist überholt

Das postmoderne Denken und das auf mechanistische Philosophien aufbauende Führungs- und Selbstführungsverständnis ist überholt, es kann der wachsenden Komplexität und Dynamik des Wirtschaftsalltages nicht mehr gerecht werden. Postmodernes Denken verkennt den Menschen als freies, sittlich verantwortliches Wesen und mündet in Orientierungslosigkeit. Es führt den Menschen in die Sackgasse des Forderns, des Erwartens, des Immer mehr-haben-wollens, des immer schneller, immer besser und letztendlich in die Sinnleere, die von Viktor Frankl genannte Pathologie des Zeitgeistes.

Aber wo Sinn- und Wertelosigkeit herrschen, erkranken Menschen, Unternehmen, Wirtschaft und die Gesellschaft. Postmodernes, mechanistisches Denken führt in die Irre, zu einer falschen Auffassung von Glück, Erfolg und Arbeit. Basierend auf einem verzerrten Menschenbild steht es menschlichem und unternehmerischem Wachstum, sinnvollem Leben und Arbeiten und damit der Lebensqualität im Wege. So gründet die gängige Auffassung von Führung, Erfolg, Sinn, Lebensqualität und Glück auf Mythen, in deren Gefangenschaft man sich freiwillig begibt, die man perpetuiert, weil man sie nicht hinterfragt. Wirtschaftlicher Erfolg und Lebensqualität gelten in der Regel als Pole eines Spannungsfeldes, in dem man im Extremfall als erfolgreich oder glücklich im Sinne von Lebensqualität oder als erfolglos gilt. Tatsächlich setzen aber gerade erfolgreiche Unternehmen glückliche Menschen mit hoher Lebensqualität voraus.

Nachhaltiger Erfolg, Sinn und demnach Lebensqualität erfordern, dass man die Haltung und das Denken, um mit Frankl zu sprechen, einer kopernikanischen Wendung unterzieht.

Kopernikanisch wenden

Dies um so mehr, als sich die Märkte der Zukunft zu Märkten für Lebensqualität entwickeln, auf denen es einer Neuorientierung des Menschenbildes, der Geisteshaltungen und des Qualitäts- und Dienstleistungsverständnisses bei Unternehmern/Führenden und Mitarbeitern bedarf. Diese Entwicklungen erfordern von Unternehmern und/oder Führungskräften nicht nur ein besseres Zeitmanagement, um die wachsende Fülle der Aufgaben zu bewältigen, sondern vor allem eine permanente Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Die entscheidende Fragestellung wird deshalb nicht lauten, was kann jeder einzelne anders machen, sondern viel mehr: Wie kann man anders sein, denn Führung, Erfolg und Lebensqualität beginnen im Geist. Und das wichtigste Führungsinstrument ist die Persönlichkeit.

Die Effizienz des Geistes

In der geistigen Dimension liegen die Qualitäts- und Erfolgspotenziale der Zukunft. Aus der Bewusstseins- und Einstellungsqualität resultieren alle übrigen Qualitäten: der Führung, des Lebens, der Selbstgestaltung und des Lernens, des persönlichen Wohlfühlens, des Wohlfühlens der Kunden und der Mitarbeiter, der Beziehungen, der Leistungen und des Service.

Die Effizienz des Geisteskapitals diktiert die Effizienz des Gesamtkapitals.

Um die Qualität der Geisteshaltungen zu verbessern, bedarf es eines Menschenbildes, das der Würde des Menschen in seiner Ganzheit entspricht. Das sinnzentrierte Menschenbild von Viktor Frankl ist ein stärken- und ressourcenorientiertes Menschenbild, das den Menschen in die Verantwortung und Authentizität zurückführt. Sinnorientierung hat motivationalen und gesund erhaltenden Charakter und hat hinreichende Interventionsmöglichkeiten, um modernes, menschenwürdiges und wirtschaftlich effizientes Führen zu gewährleisten.

Sinn erfordert Umdenken! Der Irrtum des zeitgemäßen Denkens liegt in der Haltung zum Erfolg (Gewinn, Einkommen, Anerkennung usw.) insofern, als dass der Erfolg (Gewinn, Einkommen, Anerkennung usw.) direkt angestrebt wird. Die Menschen wollen nehmen, ohne zuerst zu geben, und übersehen, dass Erfolg einer Vorleistung bedarf. Man muss also zuerst geben wollen, bevor man nimmt. Will man ernten, so muss man zunächst säen.

Mein sinnzentriertes Führungskonzept basierend auf dem würdigen Menschenbild von Viktor Frankl schlägt eine Brücke zwischen dem Menschen in seiner ganzheitlichen Kompetenz und der ökonomischen Effizienz und Effektivität. Es bietet die Grundlage für eine stärkenorientierte Entwicklung des Führungs- und Mitarbeiterpotenzials und für eine authentische Dienstleistungskultur, die zu begeisterten Kunden führt.

Eine sinnorientierte Haltung erlöst von dem schädlichen Gewinner-Verlierer-Denken, dem Kampfdenken, und ist die Voraussetzung für nachhaltiges, menschliches und wirtschaftliches Wachstum. Sinn ist die Grundlage für Lebensqualität, Gesunderhaltung und nachhaltigen Erfolg.

Erfolgreiche Unternehmen schaffen innovative Unternehmenskulturen mit sinnorientierten Rahmenbedingungen, die es sich selbst und ihren Mitarbeitern ermöglichen, ihr Bestes zu geben und die permanente Selbstentwicklung jedes einzelnen fördern. Auf dieser Grundlage geben klare Ziele und Werte Orientierung und ermöglichen im permanenten Dialog die Entwicklung der Fähigkeiten und Fertigkeiten. Hierin liegt die Möglichkeit für den Quantensprung zu einer dialogischen Kultur, in der Mitarbeiter mit all ihren Fähigkeiten zur Entfaltung kommen und wertgeschätzt werden. Unternehmen, in denen ein solches Umfeld geschaffen wird, können die Früchte hoher Kreativität in Gestalt erfolgsträchtiger Innovationen ernten und ermöglichen eine Entwicklung: Von der Führungskraft zur Führungspersönlichkeit und vom Mitarbeiter zum Mitgestalter.

Die Autorin ist Professorin für Human Resource Management am Management Center Innsbruck.

MIT SINN ZUM NACHHALTIGEN ERFOLG Anleitung zur werte- und wertorientierten Führung

Von Anna Maria Pircher-Friedrich, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2007, 240 Seiten, kart., € 34,90

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