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Auch Lack ist ein Sicherheitsfaktor

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Auch der Lack Ist ein Konstruktionselement des Wagens. Das klingt eigentlich befremdend, aber anläßlich eines Kollegs im Technischen Zentrum des Auto-, Motor- und Radfahrerbundes Österreichs in der Schlechtagasse im 3. Wiener Bezirk, welches vom Vizepräsidenten des Bundes, Ing. Hobl, geleitet wurde, kam man tatsächlich zu der Erkenntnis, daß die Fachleute auf dem Gebiet der Wagenpflege, die hier zu Worte kamen, mit dieser Behauptung durchaus recht haben. Aus ihren Ausführungen konnte man auf die Bedeutung des Lackes in Bezug auf die Straßenverkehrssicherheit schließen: Die zarte Schichte, die unseren Fahrzeugen Farbe und Glanz verleiht, hat unter anderem auch eine konservierende Wirkung, ohne sie würden unsere Fahrzeuge viel früher als dies ohnedies schon geschieht, dem Rostfraß verfallen. Als erster Experte sprach Ing. Herrmann von der Lackfabrik Stolllack. Er entwarf ein interessantes Bild der Entwicklung unserer modernen Lacke und der verschiedenen Verfahren, die heute angewendet werden, wobei uns besonders auffiel, daß der österreichische Anteil am letzten Akt dieser Entwicklung bedeutend ist. Ein Grazer Ingenieur hatte die Idee, wasserlösliche Kunstharze zu schaffen, 25 Experten bei Stolllack griffen diesen Gedanken auf, entwickelten ihn weiter und heute gibt es fast keine große Autofabrik mehr, die sich nicht des „Electro-Coatings“, der Elektrophorese, .bedienen würde. Dieses Verfahren, das sich ähnlich wie ein Galvanisierungsprozeß abspielt (durch ein Lackbad wird Strom über Kathoden und Anoden hindurchgeschickt, was eben nur mit Hilfe der wasserlöslichen Lacke möglich ist), wird von VW, von Mercedes, von BMW und von Rolls-Royce angewendet Der Leiter der Technischen Dienste, Ingenieur Schedl, trug sodann über die Wertminderung von Fahrzeugen vor, welche sie durch vernachlässigte Pflege erleiden und zeigte an einem aufschlußreichen Diagramm, wie eine Fahrzeuglackierung durch Verschleiß an Wert verliert. Ing. Martin gab wertvolle Ratschläge, wie ein Fahrzeug praktisch beim Waschen, beim Lackkonservieren und bei der Lackreini-gurig.“behandelt werden muß Und schließlich' erfuhr man Interessantes Über eine Umfrage, die bei zahlreichen Fahrzeugbesitzern über ihre Gewohnheiten bei der Wagenpflege gemacht wurden. Interessant, daß der Preis der Wagenpflege keine ausschlaggebende Rolle spielte, wohl aber die Sorge um den Wiederverkaufswert. An die Sicherheit haben dabei wohl die wenigsten gedacht. Man erfuhr also bei diesen Vorträgen, welche enormen Ansprüche hinsichtlich Farbton, Glanzgrad, Elastizität, Haftung, Härte, Chemikalienresistenz, ferner bezüglich öl und Benzinfestigkeit und schließlich hinsichtlich Licht und Vergilbungsbeständigkeit an moderne Lacke gestellt werden. Man lernt, daß selbst die besten Lacke einen Kompromiß darstellen müssen, denn nach dem heutigen Stand der Technik ist es leider nicht möglich, Witterungsbeständigkeit mit der Resistenz gegen chemische Einflüsse zu vereinen, hier ist noch ein weites Gebiet zu erforschen. Auch die mechanische Beeinflussung des Lackes ist vielseitig, man denke bloß an Steinschlag, Hagel, Sandsturm und Salzwassereinwirkungen. Auf dem Gebiet der Ausbesserungslak-kierung (der zweite Lack muß dem Originallack in keiner Weise nachstehen) wurde ebenfalls bereits sehr viel geleistet, denn es gibt einen Everpal-Ausbesserungslack, der sowohl an der Luft, wie auch bei 80 Grad C im Ofen gleich gut trocknet, vollen Glanz, ausgezeichneten Verlauf, entsprechende Endhärte aufweist und dazu lichtecht und witterungsbeständig ist.

In den Vorträgen über die Pflege von Fahrzeugen war besonders zu vermerken, daß zum Beispiel ein Fahrzeug immer nur im Schatten und nie in der prallen Sonne gewaschen werden soll, weil sonst Flecken entstehen. Mit Wasser darf man keinesfalls sparen. Bei starker Verschmutzung des Fahrzeuges empfiehlt sich Warmwasser mit Shampoo. Die Frage, ob die heutigen Waschtunnel mit ihren heißen und aggressiven Methoden (das ist im Interesse der schnellen Abfertigung eben nicht zu vermeiden) dem Lack Schaden verursachen können, wurde dahingehend beantwortet, daß das Konservierungswachs nach einer dreimaligen Waschung im Tunnel weg ist. Wer also Autowaschtunnel häufig benützt, wird seinem Wagen um so mehr Pflege in Bezug auf die Lackerhaltung angedeihen lassen müssen. Man wird da entweder flüssige, pastöse oder gar emulsionsartige Konservierungsmittel anwenden müssen, letztere sind eine Neuerung, sie heißen Waschkonservierer und werden einfach dem Waschwasser beigegeben. Neuer Lack ist noch frisch und muß nachhärten. Er soll in den ersten vier Wochen häufig mit klarem Wasser behandelt werden, das begünstigt das natürliche Nachhärten. Da der Lack porös ist, muß man ihm einen porenabschließenden und wasserabweisenden Schutz, eben ein Konservierungsmittel gönnen. Wer rechtzeitig damit beginnt, erspart sich später mühevolle Reinigungs- und Polierarbeit. Beim Polieren soll man durchaus nicht zimperlich sein, allerdings muß Watte benützt werden und das Polieren soll auch unter leichtem Druck geschehen, wobei man nicht vor der Färbung der Polierwatte erschrecken soll. Die Schmutzschicht muß nun einmal weg, sie verfärbt die Watte, aber das ist harmlos. Ältere Wagen zeigen matte, stumpfe Stellen, da helfen Lackkonservierungsmittel nicht mehr, hier muß ein Lackreiniger verwendet werden, der die oberste tote, das heißt oxydierte Lackschichte auf chemischem und mechanischem Weg entfernt. Ein sichtbares Zeichen dafür, daß ein Wagen wieder neu mit Lackkonservierungsmittel behandelt werden muß, ist der bekannte Regentest: Wenn Regentropfen nicht mehr abperlen, sondern ineinanderlaufen und dabei Wasserlachen bilden, dann ist es höchste Zeit, daß konserviert wird.

Zusammenfassend sei festgestellt, daß die regelmäßige Fahrzeugpflege nicht nur einen höheren Wiederverkaufswert des Fahrzeuges bringt, sondern auch seine Lebensdauer, und damit die Sicherheit im Straßenverkehr beeinflußt. Man kann Verschleißteile bei einem gepflegten Wagen zu tragbaren Kosten auswechseln, während eine in größerem Umfang durchgerostete Karosserie den Wagen wertlos und schrottreif macht.

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