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Endstation Parkbank
In der Weihnachtszeit wird in Kärnten wieder die Zahl jener steigen, die nicht einmal ein Dach über dem Kopf haben.
In der Weihnachtszeit wird in Kärnten wieder die Zahl jener steigen, die nicht einmal ein Dach über dem Kopf haben.
Alltag in der Tagesstätte (mit angeschlossener Notschlafstelle) der Caritas in Klagenfurt: Eine Schar von 20 bis 30 Obdachlosen geht dort aus und ein. Einige von ihnen -mehrheitlich sind es Männer aller Altersgruppen - sehen fern, einige spielen Karten, andere werden Aggressionen in der dort eigens dazu eingerichteten Kraftkammer los. Viele drehen sich weg, wenn sie sie sehen, haben Angst, wenn sie auf einer Parkbank sitzen. Vielen sind „Obdachlose” ein Dorn im Auge, ein Makel an der glatten Oberfläche einer Gesellschaft der scheinbar Problemlosen.
Wie groß die Anzahl der Kärntner ohne festen Wohnsitz, der „Unsteten”, ist, sei sehr schwer festzustellen, meint Arthur Kropfitsch, Leiter des Sozialamtes. Laut einer Studie des „Österreichischen Komitees für Sozialarbeit” waren es im Jahr 1987 geschätzte 250, davon 50 Frauen. Die Zahl sei seither relativ konstant, schätzen Sozialhelfer und Sozialbe-amte.
Die weitaus kleinere Zahl der obdachlosen Frauen trügt: „Frauen finden eher noch irgendwo Unterschlupf” erklärt Hannes Kaiser, Leiter der Tagesstätte der Caritas in Klagenfurt, „ob das gut ist oder nicht, sei dahingestellt.” Die Öffentlichkeit erfährt jedenfalls vergleichsweise wenig von jenen Fällen, in denen Frauen ausgenutzt werden. Als Gegenleistung für Kost und Logis.
Die Zahl der Kärntner Obdachlosen (damit sind Inländer gemeint, um Ausländer kümmert sich die Flüchtlingshilfe, sofern sie als Flüchtlinge anerkannt sind) ist vergleichsweise niedrig. Eher als „am Land” halten sie sich in den Städten, vor allem in Klagenfurt, Villach und Spittal/Drau auf. „Weil sie sich in die Anonymität flüchten”, erklärt Roland Girtler, Soziologe an der Universität Wien. Sehr oft finden einmal Straffällige nach einem Gefängnisaufenthalt keinen An-
Schluß mehr an die Arbeitswelt, fühlen sich ausgestoßen, landen „auf der Straße”.
„Nach den Amnestien, zu Weihnachten oder anläßlich besonderer Feiertage, wie etwa des 75jährigen Jubiläums der Republik, steigt die Belagszahl im Obdachlosenheim”, bestätigt Friedrich Meschnark, stellvertretender Leiter des Sozialamtes des Magistrats Klagenfurt. 50 Betten stehen im Klagenfurter Obdachlosenheim zur Verfügung, maximal 30 -im Sommer wesentlich weniger -sind für gewöhnlich belegt.
Viele verkraften die Scheidung nicht
Zirka 25 Obdachlose betreut die ARGE Sozial in Villach. „Wir verwalten ihr Geld- in der Regel die Sozialhilfe, die sie beziehen. Wir suchen Zimmer und, wenn möglich, Arbeit für sie”, erzählt die ARGE-Sozial-Lei-terin Elfriede Pirker. Ganz unterschiedlich sind die Schicksale der Unterstandslosen. Viele der ARGE-Sozial-Klienten haben eine Scheidung nicht verkraftet.
Sozialamt, Caritas, Organisationen wie „Awoll” und bei psychisch Beeinträchtigten „Pro mente infirmis”, die Villacher ARGE Sozial, „Kontrapunkt” und eine ganze Reihe privater Helfer, versuchen in erster Linie, für die Obdachlosen Zimmer zu besorgen, alle Möglichkeiten der Sozialhilfe zu eruieren und Arbeit zu beschaffen. „Sehr oft bekommen sie aber keine Jobs mehr, weil sie - wegen psychischer Probleme, wegen eines scheinbar nicht zu bewältigenden Alkoholproblems - die Integration nicht schaffen”, weiß Hannes Kaiser aus langjähriger Erfahrung. Durchschnittlich 600 Leute betreut allein die Caritas in Kärnten auf diese Art, vielfach, um zu verhindern, daß Obdachlosigkeit entsteht. Ein Gutteil der Unterstützung kommt von einer Reihe anderer freiwilliger Helfer.
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