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Halbtags- oder TeiUeitbeschäftigung

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Die Doppelbelastung durch Haushalt und volle Berufsarbelt wird für viele Frauen auf die Dauer physisch und psychisch untragbar. Der besonders von den Familienorganisationen geforderte völlige Rückzug der verheirateten Frauen aus dem Berufsleben ist jedoch in der Praxis kein einfacher Ausweg, denn die wirtschaftlichen Verhältnisse in den unteren Einkommensschichten der Bevölkerung, vor allem in den jungen Ehen, drängen viele Ehefrauen zu einem Mitverdienen. Außerdem wird eine jahrzehntelange, international mehr oder minder gleichlaufende Wirtschaftsentwicklung kaum aufgehalten werden können. Daher wird man im Interesse der Erhaltung der Gesundheit der Frauen und Mütter aus familienpolitischen Gründen neue Wege zur Entlastung der berufstätigen, verheirateten Frauen gehen müssen.

Ein neuer Begriff

Ein solcher Weg wäre zweifellos die Halbtags- oder Teilzeitbeschäftigung. Ob sie nun regelmäßig oder unregelmäßig, dauernd oder nur vorübergehend (zum Beispiel bei Ausverkäufen) geleistet wird, ist an sich unerheblich. Wünschenswert sind natürlich Dauer und Regelmäßigkeit, weil die an dieser Beschäftigungsform interessierten Personen mit einem bestimmten wiederkehrenden Einkommen rechnen wollen. In der Praxis kann Teilzeitbeschäftigung Halbtags- öder Stundenarbeit bedeuten, sie kann aber auch, als Halbwochenarbeit, nur einige Tage in der Woche (zum Beispiel jeden zweiten Tag in der Krankenpflege oder das Wochenende, wie im Friseurberuf) in Anspruch nehmen. Weiter muß sie freiwillig geleistet werden, so daß Kurzarbeit bei Arbeitsmangel aus dem gegenständlichen Fragenkreis ausscheidet. Auch die freiberuflich oder von mithelfenden Familienangehörigen ausgeübten Tätigkeiten (zum Beispiel im Gewerbe oder in der Landwirtschaft) scheiden aus, weil hier kein Dienstverhältnis und damit auch keine arbeitsrechtliche Abhängigkeit gegeben ist.

Der Personenkreis, der für diese Beschäftigungsform im Rahmen eines Dienstverhältnisses in Frage kommt, ist beschränkt, da sie wegen der halben Verdienstmöglichkeit in der Regel eine schon bestehende Unterhaltssicherung oder Einkommensquelle voraussetzt. Daher wäre es einseitig und vom sozial- und beschäftigungspolitischen Standpunkt aus auch nicht zweckmäßig, wenn man Teilzeitarbeit grundsätzlich nur verheirateten Frauen vorbehalten wollte. Es ist richtig, daß sie an Teilzeitarbeit vor allem interessiert sind, weil einerseits aus Familien- und Gesundheitsrücksichten für sie nur eine Halbtagsbeschäftigung vertretbar erscheint und es anderseits tatsächlich in vielen Familien nur auf einige 100 Schilling mehr für die Befriedigung zusätzlicher Bedürfnisse ankommt. Da aber Teilzeitarbeit leicht dazu führen kann, daß die Frauen im Berufsleben in untergeordnete Ersatzoder Marginalstellungen abgedrängt werden — was sich nachteilig auf die Gesamtstellung der Frauen im Arbeitsprozeß hinsichtlich der allgemeinen Arbeitsbedingungen, Aufstiegsmöglichkeiten, Stabiliät der Beschäftigung und ähnliches auswirkt —, sind die Frauenorganisationen aus grundsätzlichen Erwägungen nicht für eine programmatische Förderung der Teilzeitbeschäftigung ausschließlich für Frauen. Daher müßte diese Beschäftigungsform vom sozialpolitischen Standpunkt aus beiden Geschlechtern zugänglich sein. Das ist dann gegeben, wenn sie auch älteren, noch leistungsfähigen Rentnern oder Pensionisten, ferner nicht voll einsatzfähigen körperbehinderten oder kränklichen Personen und nicht zuletzt auch Studenten und geistig oder körperlich nicht voll entwickelten Jugendlichen erschlossen würde. Unter diesen Gesichtspunkten betrachtet, könnte die Teilzeitbeschäftigung ein dauerndes Element der Arbeits- und Wirtschaftsorganisation sowie der kollektivvertraglichen Regelung werden.

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