Jugendschutz multimedial

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Die Jugendfilmkommission heißt jetzt Jugendmedienkommission - und geht neue Wege.

Der Druck auf Grund der dynamischen Entwicklung der neuen Medien hat die Neuordnung notwendig gemacht", begründet Clemens Hüffel, Leiter der Mediengruppe im Bundesministerium für Unterricht und Kunst, die beschlossene Umwandlung der Jugendfilmkommission in eine Jugendmedienkommission: "Es hat sich abgezeichnet, dass wir eigentlich nicht nur bei den Spielfilmen bleiben können". Also wartet wohl ein hartes Stück Arbeit auf die Mitglieder der Jugendmedienkommission, gilt es doch in Zukunft auch multimediale Inhalte zu beurteilen.

Ersteres, die Prüfung von Spielfilmen, tat die im Bildungsministerium angesiedelte Jugendfilmkommission schon seit 1948. Seit damals können in Österreich anlaufende Kinofilme über "Antrag des jeweiligen Filmverleihs durch die der Jugendfilmkommission angehörenden Sachverständigen auf ihre Kinder- bzw. Jugendverträglichkeit hin geprüft werden". 35 Mitglieder, die von der Bundesministerin zum einen über Vorschlag der Elternorganisationen, der anerkannten Religionsgemeinschaften, der Filmwirtschaft, des Bundesjugendrings und der Länder berufen wurden, zum anderen Jugendschutzexperten und Pädagogen sind, prüfen derzeit rund 240 Filme jährlich.

90 Groschen pro Meter

Ein beachtliches Pensum, das in der Regel zwei Termine in der Woche fordert. Dabei wird "lediglich" die Hälfte der in Österreich anlaufenden Filme begutachtet, da nicht alle Filmverleiher ihre Produkte der Kommission vorlegen - was unter anderem mit den eingehobenen Prüfgebühren zusammenhängt. 90 Groschen pro Filmmeter summieren sich und sind für kleinere Verleihe über das Jahr gesehen wohl wirtschaftlich kaum tragbar. Die von den Experten diskutierten Ergebnisse finden ihren Niederschlag in Jugendprädikaten und Empfehlungen über Altersfreigaben. Diese bei seiner Programmgestaltung zu berücksichtigen, hat sich der ORF verpflichtet: von der Jugenfilmkommission ab 16 Jahren freigegebene Filme spielt der heimische öffentlich-rechtliche Sender erst nach 22.00 Uhr.

Mit dem ORF wird es auch in Zukunft eine enge Zusammenarbeit geben. "Dort gibt es großes Interesse am Jugendschutz", meint Hüffel. So großes, dass der ORF die Absicht hat, einen Teil seines Spielfilmeinkaufszettels von ihr durchschauen zu lassen, und der ist mit immerhin 700 bis 800 Filmen pro Jahr doch recht vollgeschrieben - wobei freilich nicht alle zu beurteilen sind, sind sie zum Teil von vornherein entweder nur für eine Nachtausstrahlung vorgesehen oder bereits von deutschen Kollegen begutachtet. Als Abgeltung für derlei ausgeweitete Dienste hat sich der ORF bereit erklärt, die Kommission durch die Bereitstellung einer Sekretariatskraft zu unterstützen. Derer wird sie zweifelsohne bedürfen.

Auch, weil künftig CD-Roms, DVDs und nicht zuletzt das Internet auf dem Prüfprogramm stehen sollen. "Wir haben uns nach längeren Diskussionen entschieden, den Jugendschutz zu erweitern und unsere Arbeit auch auf die neuen Medien auszudehnen. Dazu brauchen wir freilich nicht nur einen Filmausschuss, sondern auch Expertinnen und Experten, die sich mit den anderen Dingen beschäftigen. Deshalb haben wir überhaupt unsere Arbeit auf eine neue Basis gestellt", präzisiert Clemens Hüffel die eingangs zitierte Begründung. "Die Ausweitung in eine Jugendmedienkomission ist dafür das äußere Signal."

Bestehen wird die neue Kommission aus zunächst sieben Prüfausschüssen, die je ab Herbst allmählich eingerichtet werden sollen. Wobei sieben nicht unbedingt das Limit sein muss, "wir aber zunächst wohl mit dieser Anzahl auskommen" werden. "Wir wollen die Ausschüsse kleiner halten, dafür aber mehr einrichten, um die Arbeitsbelastung der einzelnen Mitglieder geringer zu halten." "Außerdem", so Hüffel, seien kleinere Kommissionen international gang und gäbe und zeitigten gute Erfolge. Auch weil man flexibler sein könne. Zudem sollen zu bestimmten Sitzungen zusätzlich Experten geladen werden, um etwa auf medienspezifische Frage einzugehen. Experten sollen dann auch die Kriterien für Internet und CD-ROMs entwickeln, "die aber nicht viel anders sein werden, wie jene, die man für die Filmbegutachtung bereits anwendet".

Ob Jugendschutz freilich auch fürs Internet möglich sein wird, ist noch recht ungewiss, "darüber werden wir noch viel diskutieren und uns auch anschauen, wie das international gemacht wird".

Experten beraten

Stark baut Hüffel in dieser Diskussion auf das vor kurzem konstituierte Expertenkuratorium, das als Beratungsgremium im Bundesministerium eingerichtet wurde und derzeit aus 14 Mitgliedern besteht. Einer bunten Mischung von Theoretikern und Praktikern. "Wir haben uns gefragt, wer aller vom Jugendschutz betroffen ist und danach Medienpädagogen, Wissenschafter, Filmemacher, Schauspieler, Vertreter aus der Werbewirtschaft, vom ORF, der Jugend ... eingeladen".

Einer, der von Bundesministerin Gehrer eingeladen wurde, ist Caritas-Präsident und ORF-Kurator Franz Küberl, dem es ein Anliegen ist, in die Fragen der öffentlichen Kommunikation bestimmte Grundwerte der Menschlichkeit miteinzubeziehen: "Die Absage an Gewalt, an Rassismus, an menschenverletzende Darstellungen, an menschenverachtende Pornografie, halte ich für enorm wichtig. Die Kunst besteht eben darin, Linien und Ausgangspunkte für eine gesellschaftsproduktive Auseinandersetzung in diesen Bereichen zu formulieren".

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