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Österreich blickt nach dem Fernen Osten

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Schon das Oesterreich der Jahre vor 1938 hatte mit den Ländern Ost- und Südostasiens beachtenswerte Handelsbeziehungen unterhalten, die aber im genannten Jahre in die deutsche Außenhandelswirtschaft einmündeten, um dann mit ihr in den darauffolgenden Kriegsjahren gänzlich zum Versiegen verurteilt zu sein.

Das wiedererstandene Oesterreich des Jahres 1945 stand, wie in fast jeglicher Hinsicht so auch hier, wieder vor einem reinen Nichts, und die ersten Nachkriegsjahre mit ihren bitteren Brot- und Bekleidungsproblemen waren natürlich gänzlich ungeeignet, gerade auf diesem Terrain Verlorengegangenes in einem irgendwie beachtenswerten Ausmaße wieder zurückzugewinnen. So vergingen ungenützt kostbare Jahre, mußten ungenützt vergehen, obwohl auch damals schon Männer der Wirtschaft auf die Wichtigkeit gerade dieser Gebiete hinwiesen; die Schwierigkeiten waren aber zunächst unüberwindlich. Wohl waren einige große österreichische Wirtschaftsunternehmen, die schon vor 1938 ein wohlfundiertes Niederlassungs- beziehungsweise Vertretungsnetz in diesen Gebieten gehabt hatten, auch in den ersten Nachkriegsjahren nicht müßig gewesen, und hatten aus eigener Kraft in zäher Arbeit sich Position um Position wieder zu erlangen vermocht; aber das blieben, wenn auch sehr begrüßenswerte Resultate dieser Bestrebungen vorlagen, Immerhin Einzelfälle.

Daß natürlich in diesen Jahren andere Länder mit einer besseren geopolitischen Ausgangsstellung nicht müßig geblieben waren und wichtige wirtschaftliche Verbindungen mit diesen Ländern anknüpfen hatten können, ist ja selbstverständlich. Darüber zu hadern, ist müßig. Langsam, aber sicher wandelte sich auch für Oesterreich die Lage zum Besseren. Und im Jahre 1952 war es dann so weit. Wir konnten auch an dieses Problem herangehen.

Regierung und Wirtschaft ergriffen hier erfreulicherweise gemeinsam die Initiative, und in den Spätherbsttagen des vorigen Jahres konnte sich dann eine hauptsächlich aus Wirtschaftsexperten bestehende Delegation nach den Ländern Ost- und Südostasiens begeben, während hier in Wien eine Organisationsstelle geschaffen wurde, um den Informationsnachschub nach beiden Richtungen, zu und von der ausgereisten Delegation, zu besorgen.

Was waren nun die hauptsächlichsten Aufgaben dieser Delegation? Sie sollte die wirtschaftlichen Verhältnisse in diesen Ländern durch persönlichen Augenschein kennenlernen, die Möglichkeiten für die öster-i eichische Exportwirtschaft erforschen und mit der dortigen Behörden- und Geschäftswelt Fühlung aufnehmen. Das Reiseprogramm der Delegation ist aus der Tagespresse hinlänglich bekannt. Die Philippinen waren die erste Station, und nach einem ungefähr dreiwöchigen Aufenthalt ging es dann weiter in die übrigen Länder. Der Reihe nach wurden besucht: Hongkong, Taiwan, Thailand, Indonesien und Burma. Ueber dieses ursprüngliche Reiseprogramm hinaus besucht die Delegation auf ihrem Rückweg nach Europa noch Kalkutta und Colombo, um auch dort Verhandlungen zu führen und Geschäftsmöglichkeiten zu erforschen.

Jetzt ist die Delegation auf der Rückreise nach Oesterreich und wird in Kürze ihre Berichte der Wirtschaft und den zuständigen Behörden erstatten. Noch ist es verfrüht, eine abschließende Bilanz über die Tätigkeit der Delegation zu ziehen, aber die hier bereits eingelangten Berichte von ihr, die naturgemäß nur ganz kurze Avisomeldungen sein konnten, ließen bereits erkennen, daß diese Reise nicht erfolglos sein wird. Sicherlich, auch die besuchten Länder sind kein wirtschaftliches Eldorado, sind es doch Gebiete, die alle ebenfalls in den Wirbel des zweiten Weltkrieges hineingezogen worden waren, eine jahrelange militärische Besetzung mit all ihren Folgen ertragen haben müssen. So kocht man auch dort heute nur mit Wasser, und die Kriegsfolgen mit ihren vielfachen staatsrechtlichen Umstellungen und sozialen Umschichtungen sind überall bemerkbar.

Die großen Welthilfsprogramme im Interesse der internationalen Sicherheit und zur Unterstützung wirtschaftlich unterentwickelter Länder haben nun auch der österreichischen Wirtschaft die Möglichkeit gegeben, sich einerseits an der Durchführung dieser Programme auf Grund von öffentlichen Ausschreibungen mit Lieferungen zu beteiligen und anderseits mit den dadurch belebten Märkten dieser Länder wieder in Geschäftskontakt zu kommen.

Eines kann schon heute gesagt werden: es ist durch die Aussendung dieser Delegation wieder eine Basis geschaffen worden, auf der unsere Exportwirtschaft weiterbauen können wird; es wird ihre Aufgabe sein, diese Basis richtig auszunützen und mit allen Mitteln daranzugehen, diese Märkte uns weiter zu erschließen. Dem Staat aber wird es obliegen, diese Bestrebungen, die zum Vorteil unserer ganzen Wirtschaft und damit zum Vorteil unseres Staates gelegen sind, mit allen zweckdienlichen Mitteln zu unterstützen.

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