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250.000 SCHILLING

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Böse Zungen sagen unseren Landsleuten aus Vorarlberg gerne nach, daß für sie die Welt am Arlberg zu Ende ist. Und doch hat gerade das Land Vorarlberg in diesen Wochen das Beispiel einer besonderen weltoffenen verantwortlichen Gesinnung gegeben. In dem neuen Budget unseres westlichen Bundeslandes findet sich auch eine Summe — 250.000 Schilling —, die als Hilfe für Entwicklungsländer vorgesehen ist Doch hören wir, was Landeshauptmann Ulrich 11 g selbst vor dem Landtag zu dieser Initiative seines Landes zu sagen hatte:

„Am meisten vom ganzen Landesvoranschlag freut mich die neue Post von 250.000 Schilling, die als Hilfe für die Entwicklungsländer vorgesehen ist. Wenn Vorarlberg als erstes Bundesland Oesterreichs sich jenen Ländern und Staaten anschließt, die bisher mit solchen Leistungen vorausgegangen sind, dann kommt darin ein großes Maß an Einsicht zum Ausdruck, darüber, was heute die wichtigsten Dinge und Pflichten in Europa sind. Wir werden in Europa nur dann menschenwürdig leben, wenn uns die anderen Erdteile nicht an den Kommunismus verlorengehen. Diese Probleme sind für die Erhaltung unseres Lebensstandards viel wichtiger als die Frage, ob im Innern des Staates der eine einen Schilling mehr oder weniger auf Kosten des anderen bekommt.

Es ist aber auch unsere Christenpflicht, daß nicht bloß jeder einzelne privat, sondern daß wir auch in der Gemeinschaft als Körperschaften bereit sind, mehr zu tun zur Linderung der ungeheuren Not, die in diesen Entwicklungsländern noch herrscht, wogegen die Armut bei uns noch Heiligtag ist. Nachdem wir bisher das Glück hatten, zur Behebung der Not innerstaatlich sehr viel zu tun, habe ich mir oft den Vorwurf gemacht, daß wir für die Nebenmenschen in den armen Ländern, die auch unsere Nächsten sind, bisher viel zuwenig getan haben. Das ist die Antwort auf den allfälligen Einwand, daß wir doch im Inland noch genug Gelegenheit hätten, zu helfen.

Denen, die allzu egoistisch denken, kann gesagt werden, daß eine solche Bereitschaft, auch nach außen zu helfen, nicht weniger einen Akt der Selbsthilfe darstellt. Man wird dem Weltkommunismus nicht ml' schönen Worten aufhalten, sondern nur mit großen Taten und guten Werken. Die guten Werke sind auch die besten Garanten für weiteren Segen und für weitere Erfolge.

Wir haben auch Ursache, uns jetzt, wo es uns gut geht, dankbar zu erweisen für die Hilfe, die wir nach dem Kriege von auswärts, von Amerika, bekommen haben. Wie wären wir heute daran, wenn wir diese Hilfe damals nicht gehabt hätten?

Die erstmalige Einsetzung einer Budgetpost für die Entwicklungsländer soll nun einmal ein guter Anfang sein. Wie diese Mittel möglichst zweckmäßig eingesetzt werden sollen, darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Nachdem der Bund seine Leistungen im Wege über die Vereinten Nationen erbringt, will mir scheinen, daß die Herstellung persönlicher Beziehungen zu diesen Ländern durch Schaffung konkreter Werke oder dergleichen Leistungen bevorzugt werden soll, weil dadurch ein doppelter Zweck erfüllt wird.“

Ein kleines Land — ein großes, schönes Beispiel. Zur Nachahmung empfohlen. In und außerhalb von Oesterreich.

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