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Medizin

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Zur forensischen Psychiatrie „geistig gesunder“ Hirnbeschädigter. Beitrag zur Psychopathologie und Pathophysiologie der Ausnahmezustände. Für Ärzte und Juristen. Von Emil John. Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Otto Pötzl. IX und 96 Seiten. 2 Abbildungen. Springer-Verlag, Wien 1950. Preis S 28.—, DM 7.50, sfr 7.80, Dollar 1.80

Die. an Umfang geringe, an Inhalt reidie Abhandlung behandelt eines der brennendsten Probleme der forensischen Psychiatrie, der psychischen Hygiene und der Sozialhygiene schlechthin: das Problem, wie die menschliche Gesellschaft sidi gegenüber dem psychopathischen Redrtsbrecher schützen soll. Generelle, strafrechtliche Exkulpierung durch Zuerkennung der Unzurechnungsfähigkeit“ würde den in Freiheit gesetzten kriminellen Psychopathen geradezu mit einem „Jagdschein“ versehen und ihn immun gegen Strafverfolgung auf die Gesellschaft loslassen. Die strafausschüeßende Wirkung der Unzurechnungsfähigkeit muß wie bisher allein den wirklich Geisteskranken vorbehalten bleiben, für die dann auch Internierung in Heil- und Pflegeanstalten in Frage kommt. Für die Grenzfälle der Psychopathen und Hirnverletzten, die weder als geisteskrank nodi als geistig gesund bezeichnet werden können, bedarf es einer genauen gesetzlichen Normierung der „verminderten Zurechnungsfähigkeit“; vor allem bedarf es der Schaffung von Detention6anstalten für kriminelle Psychopathen, für die weder in der Strafhaft für geistig Normale noch in der Irrenanstalt für geistig Kranke der richtige Ort ist.

Im Allgemeinen Teil fällt eine durchaus relativistische Auffassung der Begriffe „Schuld“, „Verbrechen“, respektive der sittlichen und rechtlichen Norm auf (p. 5). Einige Bemerkungen über Inguisitions- und Hexenprozesse, die nicht zur Sache gehören, wären zum Vorteil de6 Werkes besser unterblieben. In der Frage der Willensfreiheit vertritt der Verfasser den Standpunkt des naturwissenschaftlichen Determinismus (p. 74).

Zwei ausführliche Krankengeschichten von kriminellen Psychopathen (Mördern) illustrieren anschaulich die Gedanken und Forderungen des Verfassers. — Soweit die letzteren sich auf gesetzliche Normierung der „verminderten Zurechnungsfähigkeit“ und auf Einführung von Dentention6anstalten beziehen, decken sie sich mit den Forderungen der österreichischen Gesellschaft für psychische Hygiene.

Wetter und Klima als Krankheitsursache.

Von Kurt Po Hak. In: Beraters Kleine Volksbibliothek, Verlag Butzon u. Bercker, Kevelaer 1951.

Auf kleinstem Räume (30 Seiten Kleinformat) wird eine einführende Ubersicht über die tellurischen und kosmischen Einwirkungen auf die menschliche Gesundheit gegeben. Im Vordergrund stehen die Fragen der „Bio-khmatik“ und Meteorophysiologie“ — zweier Forechungsricbtungen neuerer Zeit, deren Vorläufer sich jedoch bis auf H i p p o k r a-tes zurückverfolgen lassen. In neuerer Zeit sind besonders die Namen der Ärzte

de Rudder und H e 11 p a c h zu erwähnen. Die Erscheinungen der „Wetterfühligkeit“ und der. „Föhnempfindlichkeit“ werden als Zeichen einer allgemeinen Ubererregbarkeit des vegetativen Nervensystems gewertet. Auch die Fragen des „Lebensrhythmus“ werden in diesem Zusammenhang gestreift. Die Bedeutung der Rhythmusforschung für die praktische Medizin, zum Beispiel für die verschiedene Reaktion auf Arzneieinwirkungen zu verschiedenen Phasen de6 Tages- und Lebensrhythmus, wird kurz erwähnt.

Krebsvorbeugung als Aufgabe der Frau.

Der Kampf gegen die Krebskrankheit in Küche und Haushalt. Mit einer ausführlichen Diätanleitung für krebsfeindliche Kost. Von Johannes und Ilse Kretz Hausschatzbücherei Aglaja, München, Wien, Zürich 1951. 159 Seiten. Preis S 22.50.

In diesem empfehlenswerten Büchlein werden zunächst von Johannes Kretz die möglichen Entstehungsursachen des Krebses sachlich erörtert, vor allem, soweit sie in der Umwelt als „Zivilisationsschäden“ begründet sind. Wenn der Verfasser die gesunderhaltende Funktion richtiger Atmung und fehlerhafter Atmung als krankmachenden Faktor würdigt; wenn er hiebei auf den Zusammenhang zwischen der zunehmenden Verbreitung

des Rauchens, der Verderbnis der Atemluft in den Großstädten mit der Verbreitung des Lungenkrebses hinweist, so wird man ihm zustimmen müssen. Die Luftverderbnis durch Abgase der Explosionsmotoren erwähnt er zwar auch, aber nur nebenbei und keineswegs 60 nachdrücklich, wie e6 dieses wahre „Krebsübe!“ erfordern würde. Es müßte doch beim heutigen Stande der Technik ein leichtes sein, die Motorisierung von der Antriebskraft der Erdölprodukte freizumachen und mit elektrischer Energie zu versorgen. Dies hätte dazu den enormen hygienischen Vorteil der Larmeinechränkung. Aber das Erdöl ist mit der größten Kapitalmacht der Erde verbunden. Und so treiben wir weiter Antihygiene im großen, auch wenn wir mühsam Hygiene im kleinen treiben.

Die von Frau Ilse Kretz gegebene aus-führliche Diätanleitung für kreb6feindliche Kost enthält eine Fülle wertvoller Anregungen.

Univ.-Prof. DDDr. Albert Niedermayer *

Zeltbuch von Tumilad. Von Erhart Kästner. Insel-Verlag. 256 Seiten.

In der zweiten deutschen Nachkriegsliteratur scheint un6 Erhart Kästners „Zeltbuch“ einen besonderen und hervorragenden Platz einzunehmen. Zwar ist es in keiner Wei6e sensationell al6 literarische Äußerung wenig auffallend und entbehrt zudem noch auf den weiten Strecken, da in ihm die Meditation den reinen Erlebnisbericht überwiegt, des „Interessanten“. Aber: es ist ein gule6 und kluges Buch. Es steht in ihm keine Zeile, die unwahr oder auch nur erfunden wäre.

Sein Inhalt: die Schilderung eines deutschen Kriegsgefangenenlagers in der ägyptischen Wüste. Besiegte Soldaten, die, weil anderes nicht zu tun ist und ein geheimnisvoller „Auf-bautneh“ sie dazu zwingt, aus ihrem Wüstenlager eine Landschaft, aus ihren Zeltreihen eine Stadt und aus den Sandstreifen zwischen den Zelten Gärten machen. Gewiß, einige der Lagerleute halten dem Sog der endlosen Weiten nicht stand: ihre Intelligenz zerfällt, sie stumpfen ab und vegetieren nur mehr dahin. Die meisten aber entdecken sozusagen in sich den Urgärtner, den Urhandwerker, und vielleicht sogar die Kräfte des Geistes: in der Ferne zerstäuben ihre Geburtsstätten unter

den Bomben des Krieges, im fast schon imaginären Raum der Wüste werden 6ie stellvertretend neu erbaut. Seltsame Überraschungen treten ein: in vielen Tornistern und Brotsäcken versteckt, findet sich eine 'fast lückenlose Bibliothek der Weltliteratur im Lager vor. Ein Gefangener taucht auf, der Hunderte von Reproduktionen moderner Kunst dusch Krieg und Gefangenschaft mit sich schleppt, Werke, die zu Hau6e als „entartet“ verpönt sind, üben in Tumilad sanften und stillen Trost. In der Wüste wird das Bild de6 anderen, des besseren Europa entworfen ...

Mag sein, daß man von dem Verfasser dieses Buches ein wenig den Eindruck erhält, daß er alß ein reiner Tor das Häßliche nicht so deutlich gesehen hat wie das Schöne. Was tut's? Sein Buch ist dennoch wahr. Es zu lesen, macht fast schon glücklich.

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