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Digital In Arbeit

„Sales-Appeal”

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Form und Verpackung — Gestalt und Kleid der Ware — zwei Funktionen, die so eng verschwistert scheinen, daß sie eigentlich stets gleichzeitig bedacht, besprochen und behandelt werden sollten. Die Arbeit des geschicktesten Designers ist vergeblich, und die Absatzchancen eines noch, so schön geformten Produkts sind verschwindend gering, wenn Entwerfer und Produzenten nicht gleichzeitig auch das Verpackungsproblem befriedigend zu lösen vermögen. Anderseits kann aber auch die beste Verpackung nicht über Formmängel hinwegtäuschen. Dennoch beweist uns die Praxis täglich aufs neue, daß die Diskussion des Verpackungswesens in der Oeffentlichkeit einen wesentlich bedeutenderen Rang einnimmt und viel breitere Kreise der Bevölkerung zu erfassen vermochte als die Probleme der industriellen Formgebung. Da nun Formgebung und Verpackung in ihrer Wirkung bei vielen Produkten voneinander abhängig oder identisch sind, wollen wir im folgenden einige der wesentlichsten Gemeinsamkeiten dieser Arbeitsgebiete hervorheben und darauf hinweisen, daß ein bewußteres Bedachtnehmen auf diese Gemeinsamkeiten sowohl die Bemühungen um die bessere Form als auch die um die bessere Verpackung befruchten, fördern und ergänzen würde.

Zunächst einmal: Die Bestrebungen, Form und Verpackung zu verbessern, werden immer dann aktuell, wenn das Warenangebot die Nachfrage überwiegt und sich Erzeuger und Händler irjtensiv bemühen, den Markt zu beleben. Besonders wenn preisliche Verbilligungen nicht mehr möglich erscheinen, übernehmen Verpackung und Form die existenzentscheidende Funktion, Besitzbedürfnisse zu wecken, Käufer zu gewinnen und Kaufentschlüsse auszulösen. Durch den „Sales-Appeal”, den sie ihrem Produkt verleihen, werden Form und Verpackung zu Werbemitteln von größter Unmittelbarkeit.

Daraus lassen sich nun weitere Gemeinsamkeiten ableiten, die den Prinzipien der Formgebung wie denen der Verpackung eigen sind. So etwa die Forderung, daß sie sich nicht auf Kopien beschränken dürfen, sondern als etwas dem Unternehmen Eigentümliches erarbeitet und entwickelt werden müssen. Form und Verpackung eines Produktes müssen das Können und die Gesinnung eines Unternehmens repräsentieren, da sie nur dann auf die Dauer dazu beitragen werden, das Vertrauen des Käufers zu gewinnen und zu erhalten.

Dies alles setzt freilich voraus, daß die Fachkräfte, die der Betrieb für diese Funktionen einsetzt, mehr vermögen, als Muster zu zeichnen und Modelle zu entwerfen. Sie müssen ihre Aufgabe in jeder Phase unter dem Aspekt des wirtschaftlichen Endzweckes sehen, was wieder voraussetzt, daß sie nicht nur technisches Verständnis und ausgeprägtes Formgefühl besitzen, sondern auch gute Kenner des Marktes und der Psyche der Käufer sein müssen.

Dies nun — um das Thema unter den besonders österreichischen Gegebenheiten zu betrachten — scheint der Punkt zu sein, von dem alle Bestrebungen, Formgebung und Verpackung zu verbessern, betrieben werden müßten. Es wird auf die Dauer nicht genügen, die Kenntnis der wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung zeitgemäßer Formgebung und Verpackung in Oesterreich zu propagieren, es müssen vielmehr auch die Möglichkeiten geschaffen werden, Kräfte heranzubilden, die diese Funktion in der Praxis auszuüben vermögen.

für die 195 8 stattfindende Weltausstellung durchführt, alle österreichischen Entwerfer und Handwerker ebenso wie die einschlägigen Erzeugerfirmen eingeladen, Skizzen und Modelle von Ideen und Entwürfen für Erzeugnisse handwerklicher und industrieller Fertigung zur Verfügung zu stellen, die in Qualität und Fonn-

Die verantwortlichen Stellen in Oesterreich haben das Problem der Formgebung in seiner Tragweite erkannt und werden versuchen, ihm durch eine Reihe von Förderungsmaßnahmen Rechnung zu tragen. Bisher ist leider den Bemühungen, die von Seiten des Industriellenverbandes, verschiedener Organisationen, einigen Ministerien, aber auch von privater Seite zur Verbreitung des Gedankens der industriellen Formgebung unternommen wurden, noch kein durchschlagender Erfolg beschitden gewesen. Nun hat das Wirtschaftsförderungsin titut der Bundes- k.-ndeiskainmer, das die Vorbereitungsarbeiten wie beim Gestalten einer neuen Produktform, ünd auch der Erfolg auf dem Markt und die Auswirkungen auf den Absatz sind eher festzustellen. Erzeuger und Händler sind sich darüber im klaren, daß die zweckentsprechende Verpackung sehr wesentlich zur Rationalisierung des Geschäftsablaufes beiträgt, weil sie die Aufbewahrung und Lagerung der Ware erleichtert, die Verkaufshandlung verkürzt und nicht zuletzt eine bedeutende Funktion als Werbeträger erfüllt.

gebung internationalen Ansprüchen gerecht werden und somit Oesterreich auf der Weltausstellung würdig zu repräsentieren vermögen. Einige Produkte sollen eigens für die Weltausstellung entwickelt werden.

Viel augenfälliger ist die Entwicklung, welche das Verpackungswesen in den letzten Jahren in Oesterreich zu verzeichnen hat. Gewiß sind hier vielfach technologische Ursächen wirksam, wie etwa die Entwicklung neuer Verpackungsmaterialien, die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Kunststoffe, die neuartigen Verpackungsmaschinen usw. Die Technik schuf aber lediglich die Voraussetzungen für den Aufschwung des heimischen Verpackungswesens — der wesentliche Impuls geht von den wachsenden Ansprüchen aus, welche die Bevölkerung heute an die Verpackung stellt, die Gewicht, Qualität und Hygiene einer Ware garantiert.

Im Zeichen des gehobenen Lebensstandards werden heute Güter verpackt, die vor kurzem noch ohne jede Umhüllung angeboten wurden. Im Verpackungswesen — zumindest in einigen seiner bedeutenden Zweige — hat Oesterreich jedenfalls den internationalen Standard erreicht.

Die Wirtschaft bringt — zur Zeit jedenfalls — den Problemen der Verpackung weit mehr Interesse entgegen als denen der Formgebung. Dies ist insofern einleuchtend, als die Vorteile einer besseren Verpackung für ein Unternehmen in der Regel unmittelbar und augenscheinlicher zutage treten. Hier ist meist keine langwierige und kostspielige Entwicklungsarbeit vonnöten

Der Verpackungsgedanke wird in unserem Land von öffentlichen Stellen intensiv gefördert. So reist seit mehreren Monaten eine Wanderausstellung durch die österreichischen Bundesländer, um unter dem Motto „Besser verpacken” den Interessenten in Stadt und Land moderne Verpackungsmaterialien und -methoden zu zeigen und einen Einblick in den Stand des Verpackungswesens im In- und Ausland zu vermitteln. Das Bundeswirtschaftsförderungsinstitut, das diese Wanderausstellung organisierte, richtete auch einen Beratungs- und Informationsdienst für Verpackungsfragen ein und verbreitet den Verpackungsgedanken in Oesterreich durch Publikationen, Rundfunksendungen und Veranstaltungen von Fachtagungen.

So erfreulich der Aufschwung des Verpackungswesens im Hinblick auf seine wirtschaftliche Funktion auch ist, so bedauerlich ist doch die Tatsache, daß das Wissen um die Bedeutung der Formgebung in Oesterreich demgegenüber noch sehr unzureichend verbreitet ist. Gerade jetzt, da die Idee des größeren Marktes allmählich Gestalt anzunehmen beginnt und Oesterreich vor bedeutenden wirtschaftlichen Problemen steht, ist es ebenso notwendig, die heimische Produktion qualitativ auf den höchstmöglichen Stand zu bringen, wie alles zu unternehmen, um sie in einer gefälligen und internationalen Ansprüchen genügenden Weise anzubieten. Nur dann wird es gelingen, gegenüber den freier hereinströmenden Konkurrenzprodukten zu bestehen und neue Absatzmärkte zu gewinnen. Aus diesem Grund wäre es überaus wünschenswert, würde in Hinkunft der Idee der Formgebung ebensolche Förderung von öffentlicher Seite zuteil, wie sie mit sichtbarem Erfolg derzeit dem Verpackungswesen zugute kommt.

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