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Denkmal heldenhafter Priester

19451960198020002020

Tagebuch eines Aibeiterpriesters. Von Henri Perrin. In Deutsche übertragen von Rene Michel und Irmgard Wild. Verlag Kösel, München. 352 Seiten. Prei U.SO DM

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Tagebuch eines Aibeiterpriesters. Von Henri Perrin. In Deutsche übertragen von Rene Michel und Irmgard Wild. Verlag Kösel, München. 352 Seiten. Prei U.SO DM

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Kardinal Suchard gab während des zweiten Weltkrieges die Erlaubnis, daß Priester sich freiwillig zum Arbeitsdienst nach Deutschland melden. Sie sollten unter den arbeitsdienstverpflichteten Franzosen im stillen Seelsorge treiben. So kommt Henri Perrin SJ. nach Leipzig in einen Kriegsbetrieb. Es „schenkt uns der Herr eine einzigartige Gelegenheit, der Masse nahezukommen, und da ist es doch schade, wenn man sie ungenützt vorübergehen ließe“ (S. Ii). Er hat nicht wenig vor. Er will Frankreich unserem Herrn zurückgeben, darum will er unter denen leben, die sich für die Zukunft rüsten. Ihm kommen im Umgang mit russischen Arbeitern und Gefangenen Pläne, wie man Rußland Gott wieder erobern könnte. fS. 230.) „Wir stehen überwältigt von der großartigen Freiheit, die die Kirche ihren Söhnen gewährt, vor der Selbstverständlichkeit, mit der sie hier die Welt in unsere Hände legt.“ (S. 119.) So steht er ein Jahr lang mit Arbeitern aus halb Europa an der Drehbank. Trotz der Spitzel, die alle belauern, also ständig in Gefahr, verhaftet, als Priester erkannt und eingelocht zu werden, schafft er zuerst unter diesen gottfernen Gesellen kleine Gruppen, hilfsbereite und selbstlose Kameradschaften und umzieht das Land weithin mit einem Netz von Aktionszentren. Seine Helfer sind Leute aus der Katholischen Aktion, der katholischen Arbeiterjugend, Pfadfinder und dienstverpflichtete Seminaristen. Eigentlich hatten diese Franzosen ziemlich viel Freiheit, Zeit für diese Arbeit, wenn dabei auch halbe Nächte und ganze daraufgingen. Sie durften sämtliche Verkehrsmittel benützen, erhielten ihre Post unzensuriert, machten über das Wochenende Reisen, konnten die Bäder gratis und die Gaststätten besuchen. Sie bekamen aus Frankreich Lebensmittelpakete und nicht wenige. Deutsche Priester und deutsche Katholiken standen ihnen in ihrer Seelsorge bei, obgleich das verboten war. Perrin hat einen unerschütterlichen Glauben und viel Humor. Nicht ein Funke von Gehässigkeit gegen Deutschland oder Deutsche ist in ihm. Er kennt nur Kinder Gottes und Brüder in Christo. Ja, er nimmt die Deutschen an vielen Stellen in Schutz. Selbst der Gestapo quittiert er neben ihrer Voreingenommenheit die sachliche Nüchternheit der Untersuchungen.

Er wird verhaftet, kommt ins Gefängnis, betreibt ?uch da seine Seelsorge weiter und wird nach Frankreich abgeschoben. Er vergißt nicht, daß ihm bei der Entlassung alles ausgehändigt wird, was ihm bei der Gefangennahme abgenommen wurde: die Uhr, Geld, Messer, sein Rosenkranz... Von den 26 freiwillig nach Deutschland gemeldeten französischen Priestern waren zur Zeit seiner Ausweisung nur noch zwei in Betrieben, die übrigen waren verhaftet oder zurückgeschickt. (S. 347.)

Das Tagebuch gibt einen tiefen Einblick in den Geist und die Arbeit dieser heldenhaften Priester. Einige Sätze mögen eine Ahnung davon geben. „Wenn wir mit den Seelen der Arbeiter so umzugchen verstünden, wie sie mit ihrem Werkzeug, dann würden sie genau so feinfühlig für die Wirkungen des Heiligen Geistes werden.“ (S. 17.) „Unsere Brüder, die Christus nicht im Sakrament finden können, weil sie nicht in die Kirche gehen, müssen Ihm in uns begegnen und zwar genau in dein Maße, wie unsere Handlungen, unsere Worte, wie unser ganzes Verhalten durchlässig ist für Seine Gegenwart in uns.“ (S. 111.) „Mehr und mehr komme ich zur Ueberzeugung, daß der Apostel Christi den Menschen wie ein Befreier erscheinen muß, in dessen Nähe man Freiheit und Frieden atmet. Wir müssen uns loslösen von der falschen Vorstellung vom .Guten Hirten', die das Gleichnis des Evangeliums überwuchert hat. Man darf sich Christus nicht als einen alten, müden Schäfer denken, der gemütlich hinter seinen Schäfchen herzieht.“ (S. 120.) „Die Seelen dieser entwurzelten Menschen sind außerordentlich aufgeschlossen, nur wir sind es, die versagen. Deshalb sich aus vollem Herzen der Masse zuwenden, ihr ganz und gar gehören!“ (S. 52.) „Nur die Gegenwart des Priesters kann eine gewisse völlig entchrist-lichte Bevölkerungsschichten für Christus zurückgewinnen.“ (S. 3 52.) „Wenn die Arbeiter wüßten, was Clement, Priester Jesu Christi, für sie getan hat, würden sie weinen vor Freude.“ (S. 346.)

Wir müssen dem Verlag danken, daß er dieses Dokument der Seelsorge französischer Priester auf deutschem Boden ins Deutsche übertragen ließ.

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