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Die'Ethik des Romano Guardini

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Ohne Zweifel sind Romano Guardinis IVlünchner Vorlesungen eine der wichtigsten Veröffentlichungen zur Ethil( in den letzten Jahren.

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Ohne Zweifel sind Romano Guardinis IVlünchner Vorlesungen eine der wichtigsten Veröffentlichungen zur Ethil( in den letzten Jahren.

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Um Romano Guardini ist es I still geworden, trotzdem \^ bewegt der 1968 verstorbene Rehgionsphilosoph (der Lehrstuhl för „Christüche Weltanschauung und ReligionsphilosQ-jhie" in München ist nach ihm lenaimt) die Gemüter nach wie vor. Eine besondere Rolle kommt dabei dem von der Katholischen Akademie in Bayern publizierten Nachlaß des äußerst fruchtbaren Schriftstellers zu.

Nun liegt die kritische Ausgabe der „Ethik" in zwei Bänden vor, hervorgegangen aus Vorlesungen in München seit 1950. Das Gewicht dieser erstmahgen Publikation ward deuthch aus dem Selbstzeugnis Guardinis: Er bezeichnete sie als „Synthese meiner Arbeit überhaupt". Unter Ethik versteht er nicht eine Untersuchung des Sollens und Nichtdürfens, sondern „eine Deutung des menschhchen Daseins überhaupt, wie sie von der sittlichen Verpflichtimg her möghch wird" - der Ansatz, von der Ethik die Anthropologie zu entfalten, trifft auf ähnliche Bemühungen der jüngsten fi-anzö-sischen Philosophie, besonders von Emmanuel Levinas.

Der erste und viel umfangreichere Teil der Vorlesungen behandelt die „natürHche Ethik" in den Abschnitten „das Grundphänomen", „Bedingungen für die Möglichkeit des ethischen Phänomens", die „Ethische Verwirklichung" und „die Mannigfaltigkeit der ethischen Aufgaben".

Erst im zweiten Teil wendet sich Guardini dem „christhchen Ethos" im engeren Sinne zu, wobei im Grunde nur der inhaltHch gewichtige Abschnitt über „die geschichtliche Situation" ausge-ftihrt ist. Weite Partien dieses Teils beziehen ihren Reiz aus dem Entwurfscharakter, der manche Thesen apodiktischer und aphorismenhafter erscheinen läßt, als dies in einer diskursiven Argumentation möglich wäre.

Die philosophische und theologische Diskussion-wird die Synthese Romano Guardinis zu würdigen haben.

Als Schlesien noch bei Osterreich war

Die Reise des Autors in seine Vaterstadt Jägerndorf in Mährisch-Schlesien, aus der er, wrie die gesamte deutsche Bevölkerung, vor fast 50 Jahren vertrieben wurde, wird zur zauberhaften Rückkehr in die Tage der Jugend, der ersten liebe, der Wanderungen in das nahe Altvatergebirge. Sie ist ihm zugleich Anlaß zu sor-cenvollen Gedanken über den \aubbau an der Umwelt und den Verlust an Menschhchkeit in unserer Zeit.

„Wir leben ia. einer vom Geld getriebenen, vom Geld beherrschten Gesellschaft." Aus dieser Einsicht leitet Ci-bulka manche Kritik an der deutschen Politik nach der Wende von 1989 ab, auch an den Politikern, die auf alten Geleisen weiterfahren, an sozialen Entwicklungen und der Marktvnrtschaft. Er geht dabei noch einen Schritt weiter: „Die Ironie der Wende: die Ostdeutschen haben sich einer Gesellschaft angeschlossen, die selbst ihrer Wende bedarf"

Kaiserin Maria Theresia klagte nach den Schlesischen Kriegen, daß der Preußenkönig Friedrich ihr den Garten genommen und nur den Zaun gelassen habe. Etwas mehr über das Land an diesem Zaun, das heute vielen Österreichern unbekannte Land von Freiwaldau über Troppau bis Teschen zu lesen, wäre ein Gewinn gewesen; aber es ist halt ein Buch, das ganz der den Habsburgern so verbunden gewesenen Stadt Jägerndorf und ihrem Umland sowie den persönlichen Erinnerungen und Gedanken des Autors gewidmet ist. Ein von Liebe zur Natur und zu den Menschen erfülltes, reizvolles Buch, mit mancher Kritik, die mehr vom Gefühl als von rationeller Einsicht kommt, die jedoch nicht leichthin vom Tisch gewischt werden darf. ERNST-WERNER NVSSBAUM

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