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Romane um Ärzte

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GASTÄRZTE. Roman von Richard Frede. Aus dem Englischen. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg-Wien, 1961. 386 Seiten. Preis 110 S. — ACHT TAGE. Roman von Gabriel F i e 1 d i n g. Aus dem Englischen. Walter-Verlag, Ölten und Freiburg im Breisgau, 1961. 390 Seiten. Preis 16.80 sfr. DIE TAPFEREN TOREN. Roman von J. Fernandez S a n t o s. Aus dem Spanischen. Verlag J. P. Bachem in Köln, 1961. 250 Seiten. Preis 100 S.

In dem Wirken des Arztes liegen Keime des Dramatischen. Vom Standpunkt unserer Zeit gesehen, mag der Arzt eine noch wesentlich bedeutsamere Figur der Dichtung sein als der einstige Feldherr. Dem Amerikaner Frede kommt es in seinem Roman „Gastärzte“ nicht sosehr darauf an, einen einzelnen Mediziner als Paradigma des Berufsstandes herauszustellen, der Autor führt vielmehr eine Mehrzahl vor, eine Fülle von Episodisten und Episoden, und überläßt es dem Leser, aus der Gesamtheit selbst den Schluß auf das Wesentliche zu ziehen. Frede geht dabei allerdings ein bißchen zu weit. Obwohl er seinem Roman ein Namenverzeichnis der Ärzte und Schwestern voranstellt, verwirrt sich die Menge der Gestalten. Diesem Einwand tritt auf erfreuliche Weise die hohe Kunst des Erzählers entgegen, so daß der Eindruck des Werkes doch ein ausgezeichneter wird.

Gastärzte sind die jungen Leute, die nach der Promotion ihre Spitalspraxis ableisten müssen, ehe sie eine feste Anstellung erhalten oder Privatärzte werden können. Mit vollkommenem Realismus ist ihre Tätigkeit bis ins kleinste gezeichnet, und wenn auch eine große Anzahl fachlicher Ausdrücke dem lesenden Laien unverständlich bleibt, wirkt doch das Erzählte immer packend und gehaltvoll. Zuweilen, so bei der Schilderung einer Geburt, steigert sich das ärztliche Ethos zum Triumphalen.

Dazu kommt ein für den europäischen Leser wohl erstaunlicher Einblick in die Gesinnung des Amerikaners. Daß der Realismus hin und wieder zu weit geht, ist man leider von der neueren Literatur der USA gewohnt. Die Rassenfrage tritt mit einer befremdlichen Schärfe in den Vordergrund. Natürlich begegnet dem Leser auch das für Amerika bezeichnende Fach des Psychoanalytikers.

Auch der Roman „Acht Tage“ des Engländers Gabriel Fielding ist-eine. Schrift über Ärzte; der Verfasser selbst ist Arzt. Das Grundthema mutet ungewöhnlich ix.d ergiebig an: Ein Gefängnisarzt aus Schottland kommt auf den merkwürdigsn Gedanken, seinen acht Tage währenden Urlaub in der (heute allerdings nicht mehr bestehenden) Internationalen Zone von Tanger in Marokko zu verbringen. Der erste, der ihm begegnet, ist ein ehemsJi-ger Patient, ein entlassener Zuchthäusler. Die Tangerzone quillt über von zweifelhaften Gestalten, die sich mit zweifelhaften Geschäften befassen, mit Schiebungen von Waffen sowjetischer Herkunft, mit Diamantenschmuggel und mit allen erdenklichen Arten, auf dunklen Wegen Geld zu erwerben. Eine arabische Revolte, von französischen Truppen bekämpft und schließlich niedergeschlagen, macht die acht Ferientage des unseligen Urlaubers zu einem wahren Hexenkessel. Mit der Erscheinung eines zweiten Arztes, der als Psychiater und Homöopath bezeichnet wird, ergibt sich für den Verfasser die Möglichkeit, das Medizinische ausführlich zur Sprache zu bringen.

Der wieder und wieder begonnene Versuch des Autors, sich mit dem Katholizismus positiv auseinanderzusetzen, leidet unter dem Mangel an Konzentration, an Disziplin der Sprache und des Aufbaues. Kein Zweifel, dem zweiundvierzigjährigen Autor fehlt es nicht an Begabung für das Epische. Dies bekundet sich da und dort auf eindringliche Art. Aber er wird noch viel Zucht des Wortes lernen müssen, ehe ihm ein Werk gelingt, das seinem Namen mit Fug und Recht Geltung geben kann.

Der Verlag Bachem in Köln befaßt sich seit einiger Zeit zielbewußt mit der Aufgabe, in Ubersetzungen das junge spanische Schrifttum zu pflegen. Als bezeichnender Vertreter dieser Literatur wird uns Santos vorgeführt. An dem Roman „Die tapferen Toren“ ist der Versuch beachtenswert, eine Gesamtheit als solche darzustellen, ein armseliges Dorf mit seiner bedrückenden Alltäglichkeit. Nur wenig Persönliches erhebt sich aus der flachen sozialen Schicht, so vor allem die anziehende Gestalt eines jungen Arztes. In stiller Zähigkeit überwindet er durch seine Leistungen die Gleichgültigkeit und die Ablehnung, die ihm hemmend in den Weg treten. Eine menschlich tiefe Liebe und die Hingabe an seinen Beruf lassen ihn das Mühselige und Lästige überwinden. Zuletzt entschließt er sich, für immer in der engen Umwelt des Dorfes zu bleiben. Dem mitteleuropäischen Leser vermittelt das Buch als Gewinn einen Blick auf den grauen spanischen Hintergrund; es ist ein scharfer Gegensatz zu den oberflächlichen und allzu bunten Eindrücken, die das Land dem heute kaufmännisch stark angekurbelten Reiseverkehr bietet.

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