Seine Zeit ist gekommen

Werbung
Werbung
Werbung

Die Wiener Gesellschaft der Musikfreunde bietet in dieser Saison das gesamte symphonische Œuvre von Gustav Mahler - mit den beiden Spitzendirigenten Daniel Barenboim und Pierre Boulez.

Dass seine Zeit kommen würde, davon war Gustav Mahler fest überzeugt. Seine Biografen offensichtlich weniger. Als 1969 die erste Auflage von Kurt Blaukopfs wegweisender Mahler-Biografie "Gustav Mahler oder Der Zeitgenosse der Zukunft" erschien, hegte der prominente Autor zwar Hoffnung für eine Mahler-Welle. Dass die Begeisterung für sein Werk schon wenig später erwachen würde, davon war aber auch er überrascht.

Paradoxien - wie bei Kafka

"Zum Wesen von Mahlers Musik gehören - wie zu Kafkas Literatur - Paradoxien, und es ist ganz deutlich, dass bis in die 60er Jahre kein Interpret diese Musik so aktuell vermitteln konnte, dass jeder junge Mensch sie als Musik unserer Tage verstand. Sogar Dirigenten, die mit Mahler zusammengearbeitet hatten, ja sogar die getreuesten wie Mengelberg, Klemperer oder Bruno Walter, konnten das nicht vermitteln", versuchte schon vor Jahren der Dirigent Eliahu Inbal, der selbst zahlreiche Mahler-Einspielungen mit verschiedenen Orchestern vorgelegt hat, eine Erklärung für das späte Erwachen des Interesses an Mahlers Schaffen.

Längst zählt Mahler zum festen Repertoire. Trotzdem wagen sich nur wenige Veranstalter an zyklische Aufführungen seiner Symphonien, Hemmschuh ist wegen der besonderen Ansprüche ihrer Besetzung immer wieder die Achte Symphonie. Nicht so für die Gesellschaft der Musikfreunde, die diese Saison sämtliche Mahler-Symphonien auf dem Programm hat. Und zwar mit der Orchester der Berliner Linden-Oper, der Staatskapelle Berlin; dem ersten Orchester übrigens, das eine Mahler-Symphonie zur Gänze aufgezeichnet hat (das war 1924 unter Oscar Fried). Erst kürzlich hat die Staatskapelle Berlin sämtliche Mahler-Symphonien in Berlin aufgeführt. Zwei Dirigenten haben sich diese Aufgabe geteilt: der Chefdirigent des Orchesters, Daniel Barenboim, der zum Jahreswechsel erstmals das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker dirigieren wird, und Pierre Boulez. In dieser Konstellation stehen die Mahler-Symphonien nun auch im Wiener Musikverein am Programm.

Bombastische 8. Symphonie

Dabei lassen sich auch die Vorlieben der beiden Dirigenten erkennen: Daniel Barenboim dirigiert die Symphonien 1 (28. Oktober), 5 (2. November), 7 (28. April 2009) und 9 (3. Mai 2009), Pierre Boulez die Symphonien 2 (mit den Solistinnen Dorothea Röschmann und Petra Lang am 1. November), 3 (mit Violeta Urmana am 30. Oktober), 4 (mit Dorothea Röschmann am 29. Oktober) und 6 (27. April 2009). Kombiniert werden die Programme mit den Kindertotenliedern, den Liedern aus "Des Knaben Wunderhorn", den Rückert-Liedern und den "Lieder eines fahrenden Gesellen" mit Thomas Quasthoff und Christian Gerhaher.

Bis heute hat Barenboim, der erst in den letzten Jahren zu Mahler fand, seine Schwierigkeit mit dessen bombastischer Achten Symphonie. Folgerichtig wird sie Pierre Boulez dirigieren - am 30. April 2009. Eine Aufführung, an der neben der Staatskapelle Berlin, dem Wiener Singverein, dem Philharmonischen Chor Bratislava und den Wiener Sängerknaben auch prominente Solisten wie Riccarda Merbeth, Camilla Nylund, Adriane Queiroz, Michelle de Young, Jane Henschel, Robert Dean Smith, Hanno Müller-Brachmann und Robert Holl mit- wirken.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung