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Christliches Afrika

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Der Verfasser hat recht, in seiner Einleitung von „einem Drama von unerhörter Spannung“ zu sprechen, „das vor unseren Augen abrollt, dessen Ausgang aber für die Afrikaner von heilsgeschichtlicher Bedeutung sein wird“. Die naheliegende Konklusion, daß dies nicht allein für sie gilt, bleibt unausgesprochen, aber es ist gut, wenn der Leser sie vor Augen hat. Bühlmanns Buch bietet ein umfassendes Bild der Kirche im heutigen Afrika, ihrer Geschichte und aktuellen Präsenz, individueller Situationen, die sie veranschaulichen, und der sie mitbestimmenden, allgemeinwirksamen Kräfte. Das Buch ist nicht nur hervorragend, es muß als die wichtigste deutschsprachige Publikation seit langem auf einem Gebiet bezeichnet werden, wo es auch dem Spezialisten schwerfällt, einen zusammenfassenden Überblick zu erlangen. Wenn der Verfasser einleitend bemerkt, es sei „sehr gewagt, gerade jetzt ein Buch über die Kirche in Afrika zu schreiben“, erfüllt er damit ein Gebot wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit; er mahnt uns auch, nicht zu vergessen, daß die Dinge in Fluß sind. Aber gerade das Aufzeigen der Grenzen des Darstellbaren erhöht noch den Wert des Dargestellten.

Dem Hauptteil seines Buches stellt Bühlmann einen etwa 20 Seiten starken Abriß des „vorchristlichen Afrika“ voran, so wie er ihm auch einen solchen über das „antichristliche Afrika“ (Heidentum heute, Islam, Materialismus, Kommunismus) folgen läßt. Beide umrahmenden Abschnitte enthalten ein Minimum dessen, was der Verfasser glaubt den Lesern doch an Hintergrundinformationen über die Voraussetzungen wie die hauptsächlichen Gegenkräfte sagen zu müssen; man bedauert fallweise, daß er es so knapp bemessen hat, aber es enthält doch sachlich alles Wesentliche.

Der Hauptteil des Werkes „Christliches Afrika“ bringt eine gedrängte, aber doch stets auch exemplifizierende Darstellung der Kirche in diesem Erdteil: ihrer Geschichte, der Mission, Schule, Caritas, Entwicklungshilfe und kirchlichen Organisation, aber dann auch, noch ausführlicher und liebevoller gezeichnet: des neuen Menschen in der neuen Gemeinschaft der afrikanischen Christen. Bühlmann schreitet sie in allen wesentlichen Dimensionen christlichen Lebens aus, von den Sakramenten bis zur religiösen Berufung, der Liturgie und dem kirchlichen Leben, bis zu den Fragen der getrennten Kirchen. Er scheut sich nicht, auszusprechen, daß die protestantischen Missionare „in Afrika Gewaltiges geleistet haben“, und zwar „im allgemeinen wirkliche und unmittelbare Missionsarbeit“ (S. 240). Bühlmann schreibt auch sonst durchaus unverblümt und sagt Dinge, die einen mehr „konservativen“ Leser überraschen dürften; er fällt zuweilen Urteile, die manchen schockieren könnten. Wer sich aber die Mühe nimmt, diese Urteile zu überdenken, wird finden müssen, daß sie niemals pauschaler Natur sind noch ungerechtfertigt generalisieren; sie gehen vielmehr von einem konkreten Anlaß aus und bemessen derart das Zeitliche im zeitlichen Rahmen. Mit den eigenen Worten des Verfassers haben „diese ernüchternden Einsichten den Vorteil, daß sie uns mit dem wahren Bild der Kirche vertraut machen, die noch nicht die triumphierende, sondern die streitende, die ringende, die wandernde Kirche ist“ (S. 291). Vieles schöpft der Autor aus seinen persönlichen Erfahrungen in Afrika, vor allem in Tanganjika, sowie auch seinem Umgang mit Afrikanern in Europa, und er versteht es, damit seine Darstellung stark lebendig zu gestalten, ebenso wie durch gutausgewählte Zitate aus der einschlägigen Literatur, deren Bibliographie dem Werk beigegeben ist, und durch aufschlußreiche Statistiken. Alles in allem ist Bühlmanns Buch sehr notwendig, nützlich und aktuell. Der Hoffnung des Verfassers, daß es der Kirche Afrikas einen Dienst leisten möge, sei der Wunsch angefügt, daß es weite Verbreitung finden möge.

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