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Mitschauen — Mitreden

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Habemus — wir haben ihn, den Generalintendanten! Wir werden mit ihm ein neues Kapitel des österreichischen Rundfunks beginnen, nicht nur des Rundfunks, sondern auch ein neues Kapitel der Meinungsbildung und Meinungsbeherrschung in Österreich. Ein kleiner Staat mit nicht sehr großer Erfahrung in demokratischen Erfahrungen, mit einer ebenfalls nicht sehr starken und noch dazu immer wieder von allen Seiten angenagten staatlichen Autorität hat das bedeutendste Mittel der Information, der Meinungsbildung und Meinungsbeeinflussung aus seiner Hand entlassen. Andere Länder sind damit gut gefahren, hoffentlich tun wir das auch. Der Mann, der dieses neue Kapitel schreiben wird, hat wie man sagt, eine kräftige Handschrift Es kann sein, daß seine Feder einmal kleckst, daß ein paar Spritzer Tinte danebengehen. Man soll nicht zimperlich sein; lassen wir ihn einmal schreiben, wir werden es ja lesen, das heißt in diesem Fall hören und sehen. Er scheint nicht der Mann zu sein, der das Waschbecken immer bereit hält um sofort seine Hände in Unschuld zu waschen, wenn es ein paar Spritzer gibt Und wir, wir können es schon gar nicht, nämlich unsere Hände in Unschuld waschen. Wir haben es ja so gewollt; die Zeitungen, die zum Volksbegehren aufriefen, auch die Zeitung, in der diese Zeilen erscheinen, hat mitgetan, und auch die vielen hunderttausend Österreicher, die mit ihrer Unterschrift ihren Willen deutlich kundgetan haben.

Es ist gute österreichische Tradition, daß ein Mann, der sich um ein solches. Amt bewirbt, auf eine Anteilnahme weiter Bevölkerungskreise rechnen kann wie kaum ein Politiker, vielleicht höchstens ein Opern- oder Burgtheaterdirekitor. Es ist nicht minder „gute“ österreichische Tradition, einen solchen Mann unter alle möglichen Raster zu legen, politische, moralische, weltanschauliche, ja sogar religiöse Raster, um zu sehen, wie sich sein Bild darunter ausnimmt. Mit Retuschen und Verzeichnungen ist man da gar nicht kleinlich.

Was sagit die Kirche dazu?, fragen manche, die wieder einmal vergeblich auf eine kirchliche Stellungnahme gewartet haben. Natürlich hat die Kirche ein sehr wesentliches, aber auch ein sehr klar umgrenztes Interesse daran, wer nun dieses gewaltige Instrument der Massenbeeinflussung dirigiert. Es ist das Interesse, die faire Chance zu besitzen, angehört zu werden, reden und mitreden zu können, die Chance des freien Zuganges zu diesen Mitteln, eine Chance, nicht größer und nicht geringer als die aller anderen. Wir haben keine Monopole zu verteidigen, wir haben keine Monopole zu verlangen. Was Prof. Klostermann von der Katholischen Aktion in dieser Zeitung vor kurzem erklärte, gilt auch hier: Wir haben gar nichts zu erobern, auch keinen Rundfunk; wir haben nur Zeugnis abzulegen. Wir verlangen nur, daß man uns dazu die Möglichkeit gibt, in dem Maße, in dem wir etwas zu sagen haben. Wir haben bis jetzt keine Ursache zu zweifeln, ob uns der neue Mann diese Chance gibt.

Wir werden um so sachverständiger und um so kritischer mitreden können, je mehr wir uns in diesem Metier auskennen. Stimmt es da, wenn wir nur das Fernsehen nehmen? Da gibt es unter den Intellektuellen, auch gerade unter den katholischen Intellektuellen, wohl viele, die sehr bestimmt um das Fernsehen zu reden wissen, vor allem wo es „Belange“ betrifft. Wenn man sie aber fragt, ob sie dies oder jenes gesehen hätten, dann begegnet man einem erstaunten und etwas indignierten Lächeln. Selber fernsehen? Nein, das ist doch nur für die gewöhnlichen Leut'. Nun gut, jeder soll es halten, wie er mag. Aber wenn man mitreden will, dann muß man auch mitschauen; gelegentlich zumindest. Die „Furche“ wird in Zukunft mitschauen und über das Geschaute -auch kritisch mitreden.

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