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Blinde ohne Können und Verantwortung

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Ärger gerät zum Zorn, Kritik zum Stöhnen: Was muß sich der Steuerzahler im Zusammenhang mit dem Skandal rund um den Neubau des Allgemeinen Krankenhauses Wien denn noch gefallen lassen?

Der neue Kontrollamtsbericht der Stadt Wien enthält auf nahezu 1000 Seiten neue Fakten von so unfaßbarer Planungspleite, Verschwendungssucht und Verantwortungslosigkeit, daß auch dem geduldigen Beobachter Mäßigung im Kommentar nicht mehr gelingen mag.

Keinerlei Kostenvergleiche, Mißachtung von Ausschreibungsvorschriften, verschlampte Abrechnungen, gigantische Nachzahlungen ohne Rückfrage, widerspruchslose Hinnahme bombastischer Prestigeforderungen - so kann man jahrelang ungestraft werken?

Muß der redliche Staatsbürger endlich zu der unwiderlegbaren Überzeugung kommen, daß ehrlich, fleißig und unbestechlich zu arbeiten Reservat der Kleinen und der Dummen geworden sei?

Was soll man sich denken, wenn ein parlamentarischer Untersuchungssausschuß seit Monaten mit Arbeitsüberlastung protzt, aber nichts von dem bisher bemerkt hat, was man nun zum zweiten Mal von einer - bisher zuwenig gelobten - rathauseigenen Stelle erfährt?

Was soll man sich denken, wenn Kanzler und Finanzminister der den unfaßbaren AKH-Skandal mitverantwortenden Bundesregierung Mehrwertssteuerhinterziehung durch Nichtrechnunglegen vorhalten, während im öffentlichen Bereich ordnungsgemäße Abrechnungen zum Luxusartikel zu werden drohen? Wird es auch diesmal wieder niemanden geben, der juristisch, politisch oder gar moralisch dafür Verantwortung trägt?

Überhaupt würde man meinen, daß eine Regierungspartei mit einem solchen Debakel am Buckel, der in anderen Ländern für einen Stimmenerdrutsch reichte, in sich geht und nachdenkt.

Über das Ergebnis des Nachdenkprozesses dürfte es keine Zweifel geben: Es müßte die Erkenntnis sein, daß Gigantomanie Kosten zum Explodieren und Verantwortung zum Krepieren bringt. Und daß oberstes Bemühen dem Ziel zu gelten hätte, private Eigenvorsorge in überschaubaren Dimensionen zu fördern.

.Von all dem aber kann noch immer keine Rede sein. Unter dem Titel einer Steuerreform, die in Wirklichkeit verzweifelte Suche nach neuen Mitteln ist, werden Maßnahmen angekündigt, die solche Eigenvorsorge in Zukunft behindern und bestrafen würden!

Die begünstigte Rückzahlung von Darlehen für Eigentumswohnungen und Eigenheime soll gestrichen werden. Damit es jene, die sich dereinst auf einem inzwischen längst unerschwinglich gewordenen Grund noch ein Häusl leisten konnten, gleich doppelt trifft, will man deren Einheitswerte und damit Grundsteuerverpflichtungen hinaufschnalzen.

An die Streichung des „Steuerprivileges“ für private Lebens- und Krankenversicherungen wird auch gedacht. Und natürlich soll eine Mitgift künftig steuerlich nicht mehr absetzbar sein. Damit alle ja nur noch zum Staat „Dankeschön“ sagen laufen müssen.

Blindheit kann eine schwere Strafe sein.

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