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Christliche Ethik in der Wirtschaft
Vom Christentum zu reden ist leicht. Wie christliche Maximen im wirtschaftlichen Alltag in lebendige Praxis umgesetzt werden können, diese Frage behandelt dieser Beitrag.
Vom Christentum zu reden ist leicht. Wie christliche Maximen im wirtschaftlichen Alltag in lebendige Praxis umgesetzt werden können, diese Frage behandelt dieser Beitrag.
„Wirtschaftlich richtiges" Handeln wird zunächst bestimmt durch sachbezogene Normen — Wirtschaftsgesetze, betriebswirtschaftliche Aspekte und so fort. Stellt man dazu auch die Forderung nach „gewissenhaftem" Wirtschaften auf, ergibt sich die Frage, ob sittliche Gesichtspunkte (als womöglich „sachfremde Einflüsse") überhaupt anwendbar sind. Und wenn ja, ob sie nicht das Unternehmen, das sie für sich als verbindlich erklärt, im Konkurrenzkampf gegenüber den nur sachbezogen Wirtschaftenden ins Hintertreffen bringen.
Was heißt nun aber „christliche Wirtschaftsethik"? Diese Vertiefung des Begriffs führt sozusagen zu einer Verschärfung der Problemstellung. Denn jetzt geht es nicht mehr um Basisübereinstimmungen einer Grenzmoral des allgemein als anständig und gesetzeskonform Anerkannten, sondern es werden Wertüberzeugungen postuliert, die darüber hinausgehen.
Es ist relativ leicht, sich nach außen zu solchen Normen zu bekennen. Es bereitet auch keine Schwierigkeit, sie in einem Firmenleitbild zu formulieren. Worauf es ankommt, ist, die Maximen mit konkreten Inhalten zu erfüllen. Geschieht das nicht, bleiben sie Schlagworte, die als besonders peinlicher Kontrast zur Wirklichkeit empfunden werden.
Somit wird „Glaubwürdigkeit" zum Schlüsselwort und Prüfstein in der innerbetrieblichen Praxis.
Die Realisierung des Leitbilds wird sich um einige zentrale Begriffe kristallisieren.
Partnerschaft: Sie ist verwirklicht, wenn in einem Wirtschaftskörper unter voller gegenseitiger Anerkennung und gerechter Bewertung aller beteiligten Kräfte und Leistungen im Sinne des Unternehmensziels gearbeitet wird. Ist das der Fall, wird in der Regel auch ein angstfreies Klima herrschen, das es dem Mitarbeiter erlaubt, sich voll zu entfalten und eine optimale Leistung zu erbringen.
Gerechte Ertragsbeteiligung ist ein weiteres zentrales Anliegen, weil sie mit der Existenzfrage der wirtschaftlich Tätigen verbunden ist. Einerseits haben der oder die Eigentümer Anspruch auf angemessene „Verzinsung", andererseits die Arbeitnehmer Anspruch auf gerechte Entlohnung unter Leistungsgesichtspunkten.
Zentral- und Angelpunkt jeder christlichen Wirtschaftsethik ist aber das Menschenbild. Wird die oft erhobene, aber nur selten realisierte Forderung erfüllt, den Mitarbeiter nicht als bloßen auswechselbaren Funktionsträger, sondern als letztlich in die Transzendenz eingebundene leiblichseelisch-geistige Einheit zu sehen, dann ist jener Freiraum geschaffen, innerhalb dessen die vielberedete Selbstverwirklichung möglich wird. Die Stärkung der persönlichen
Eigenverantwortung des Mitarbeiters, das Vertrauen in die Initiative des einzelnen und deren Förderung muß eine der tragenden Säulen der Unternehmenspolitik sein. Den ethischen Wert der menschlichen Arbeit sieht, wer den Mitarbeiter oder Kollegen in seiner ganzen Komplexität mitsamt seinein sozialen, familiären und geistigen Hintergrund annimmt. Auf dieser Basis soll er zur Aufgabenerfüllung qualifiziert und können ihm Entfaltungsmöglichkeiten geboten werden.
Dazu ist es aber auch erforderlich, sich immer wieder die Frage zu stellen, welche Hindernisse der Verwirklichung dieser Grundsätze im Wege stehen. Es geht darum, die Ermessensspielräume und Freiräume betriebswirtschaftlicher und gesetzlicher Art für die Realisierung ethischer Wertvorstellungen zu nützen. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Probleme, die das Computer-Zeitalter mit sich gebracht hat und noch bringen wird.
Dies alles bedeutet für den Unternehmer und Manager einen schwierigen Weg. Er verlangt Mut, Konsequenz, Mobilität, Einfühlungsvermögen, Offenheit und Phantasie. Aber es lohnt sich, ihn zu gehen. Es ist möglich, daß mit der beinharten Verfolgung sachlicher Ziele kurzfristig sichtbarere wirtschaftliche Erfolge zu erzielen sind. Langfristig gesehen, wird ein partnerschaftlich arbeitender Betrieb auch wirtschaftlich effektiver sein.
Die Gewinne, die dabei erwirtschaftet werden, können dann auch nicht mehr suspekt sein (wie heute noch immer polemisch interpretiert wird). Denn indem sie die Substanz des Unternehmens erhalten, machen sie es erst möglich, das Recht auf Arbeit zu gewährleisten.
Der Autor ist Generaldirektor des Oberösterreichischen Landesverlages.
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