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Der künstlerische Aspekt der Gestaltung veredelt das Haus

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diefurche: Herr Professor, Sie haben einmal den Zusammenhang von Kunst und Heil des Menschen hervorgehoben „Heilsaspekt der Kunst" haben Sie das genannt Wie sieht der Heilsaspekt der Architektur aus? Adolf Krischanitz: Die Kunst hat immer wieder Dinge aufgegriffen, die über das So-Sein des Menschen, seine Alltagserfahrung hinausgehen. Es werden ja auch Themen aufgegriffen, wie Rettung der Welt oder Weltbilder an sich. Architektur und Kunst stehen zumindest in einem engen Nahverhältnis zueinander. Auch in der Architektur findet sich dieser idealistische Ansatz, werden Ideen vermittelt.

diefurche: Gerade die Architektur ist ja etwas sehr Konkretes. Welche konkreten Möglichkeiten hat sie, einen Menschen Heil erfahren zu lassen?

krischanitz: Da ist einmal der ganz vordergründige soziale Aspekt, jemandem zu helfen, jemandem eine Unterkunft zu geben. Wenn das aber alles wäre, wäre es ja mit der Errichtung von Obdachlosenheimen getan.

Gerade in der Moderne wird auch ein bestimmtes qualitatives Niveau gefordert, etwa große Fenster, viel Licht. Das trägt wesentlich zur Gesundheit des Bewohners bei. Viel Licht bedeutet eine Stimulierung der Vitamin D-Bildung. Das galt früher als Prophylaxe gegen Krankheiten, zum Beispiel Tuberkulose.

Eine zweite Ebene ist es, daß über diese rein physische Bausubstanz hinaus ein gestalterischer, künstlerischer Aspekt das Haus sozusagen „veredelt1, es zu einer höheren Sache macht.

diefurche: Was sind die gestalterischen Möglichkeiten, die einen Raum zu einem positiven Erlebnis werden lassen3 Nehmen die Architekten heute diese Möglichkeiten wahr?

weise sehr viel mit Farbe. Mit Farbe oder eingefärbtem Licht, das wirkt ganz stark auf die emotionale oder psychische Ebene. Man kann damit einen Raum richtig bedrückend machen, ihn aber auch erheblich verbessern.

Natürlich ist viel von diesem Wissen um Architektur verlorengegangen. Bei guten Architekten stehen aber genau diese Dinge im Vordergrund. Gerade hier unterscheiden sich gute und schlechte Architekten von einander, weniger in der Gestaltung der Fassade, sondern eher in dieser räumlichen Qualität.

diefurche: Um all das zu berücksichtigen, braucht es ja nicht nur ein Wissen um Technik und Material, sondern auch viel Einfühlungsvermögen und ein Bewußtsein für die Bedürfnisse der Menschen Sind unsere Architekten dafür ausreichend ausgebildet'

krischanitz: Man ist als Architekt nie vollkommen ausgebildet. Im Prinzip dauert das Lernen an der Architektur ein Leben lang. Man braucht einen großen Überblick über das Leben an sich, um für Menschen überhaupt bauen zu können.

Erfahrungen machen zu können.

Genau das läßt sich aber in Schulen sehr schwer verwirklichen, weil 'die Schulrealität sich ja stark abkoppelt von der gegebenen Wirklichkeit.

diefurche: Gibt es Möglichkeiten, hier etwas zu verbessern' krischanitz: Ja, die gibt es schon, aber sie lassen sich innerhalb der vorgegeben Strukturen schwer realisieren. Bauen spielt sich ja nicht auf dem Papier ab, sondern man muß auch mit der Realität auf einer Baustelle zurechtkommen. Und das ist ein Aspekt, der an unseren Hochschulen sicher zu kurz kommt.

Noch dazu ist an den Hochschulen die Tendenz sehr stark, Lehrer zu beschäftigen, die selbst kaum gebaut haben, sondern sich quasi in der Schulhierarchie nach oben gedient haben, etwa durch theoretische Arbeiten. Es braucht aber eine hoch-klassige konzeptuelle Arbeit kombiniert mit einer praktischen Arbeit. Hier muß man einen Weg suchen, der beiden Polen gerecht wird.

Das Gesprach mit dem Professor an den hospital birteche

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