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Die Programmbereiche im Bildungshaus St. Virgil

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Der Erwachsene in der heutigen Gesellschaft sieht sich einer immer aktuelleren Notwendigkeit zu lebenslangem Lernen ausgesetzt. Der Wissenschafter wie der Arbeiter, aber auch etwa der Jurist müssen feststellen, daß ihr anfangs erworbenes Wissen nur noch fünf, vielleicht zehn Jahre trägt; neue Techniken. Erkenntnisse, Verfahrensweisen und Produkte lassen sich mit dem einmal Gelernten nicht mehr bewältigen. Diese Entwicklung ist nicht auf das Gebiet des Beruflichen und ökonomischen beschränkt: auch die Bereiche des sozialen und privaten Lebens sind immer wieder von Veränderungen betroffen, überkommene Verhaltensmuster finden sich plötzlich in Frage gestellt, gewohnte Begründungen halten nicht mehr.

Für die Kirche wie für den einzelnen Christen ergibt sich aus dieser Situation zunächst als Aufgabe, das eigene Lebens- und Glaubenswissen auf der Höhe der Zeit zu halten, neue Begründungen zu suchen, wo alte versagen, manchmal auch liebgewordenes Herkömmliches fahren zu lassen und vernünftiges Neues anzunehmen, kurz: christliche Lebens- und Glaubensformen für das Heute zu finden und zu bewahren. Dieser Prozeß geht in ständiger Konfrontation mit anderen Vorstellungen und Gruppen in der Gesellschaft vor sich: Vom mündigen Christen sind daher auch Fähigkeit zur Kritik und selbständigem Urteil, zu Distanz und nonkonformem Verhalten gefordert, wie auch immer häufiger Mut und Kraft, einem von Vulgärnormen ausgehenden sozialen Druck zu widerstehen, das christliche Hochethos nicht nivellieren zu lassen.

Diese Aufgabe ist zunächst der Kirche als ganzes gestellt; die spezifischen Möglichkeiten kirchlicher Erwachsenenbildung, zumal in einem Bildungshaus, sind dabei aber nicht zu übersehen. So wird etwa durch die Anwesenheit von Experten das Finden und Formulieren heute tragfähiger Glaubens- und Lebensorientierung besser möglich und durch die diversen Verfahren des Einbringens eigener Erfahrungen in die jeweilige Lebenssituation übersetzbar. So können ferner in der Ausnahmesituation, die durch das Verlassen des eigenen Zuhause und durch das Arbeiten und Wohnen im Bildungshaus für ein paar Tage zustande kommt, oft überhaupt erst neue Verhaltensformen erprobt und eingeübt werden. So schöpfen vielleicht Menschen, die an den Schwierigkeiten des Alltags schon zu resignieren begannen, aus dem Erleben des gemeinsamen Fragens und Arbeitens und auch Feierns - der Eucharistie - neuen Mut und Impulse zu neuer Aktivität. Und schließlich fallen als keineswegs unwichtige Ergebnisse im Meinungsund Erfahrungsaustausch immer wieder offene Fragen auf, die heutige Menschen bedrängen und die institu-tionalisiertere Stellen in einer gewissen Betriebsblindheit zu übersehen in Gefahr stehen. Die Kirche als Volk Gottes braucht zur Bewältigung ihres Lebens und Glaubens in dieser Welt ständig und unverzichtbar die Bildungsarbeit.

Von der Verunsicherung der Lebenssituation ist heute natürlich nicht nur die Kirche betroffen, sondern auch alle anderen Gruppen und Weltanschauungen. Für den einzelnen Menschen bedeutet das oft ganz persönlich erfahrene - und erlittene - Schwierigkeiten etwa in den Bereichen der Ehe, der Familie, aber auch z. B. des beruflichen Lebens. Da der Mensch nun aber einmal Sicherheit und Orientierung sucht, besteht immer wieder die Gefahr, daß er sie bei Ordnungs- und Existenzangeboten findet, die entweder ganz andere Ziele im Auge haben als das Glücken seines Lebens oder die inFortsetzung auf Seite 28

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