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Die Waffe ist unmenschlich

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Die Neutronenbombe ist eine un­menschliche Einrichtung, weil sie, in bisher nie dagewesener Form materia­listisch motiviert, die materiellen Gü­ter vorerst nitrit beschädigt, sondern einfach den Menschen ausmerzt. Da­mit stellt sich der Mensch durch diese Erfindung in die direkte Ablehnung seines Mitmenschen und zeigt durch die Produktion dieser Vernichtungs­waffe seine gewaltsame Tötungsab­sicht offen und klar.

Die Grundsätze der katholischen Kirche stellen sich gegen alle jene, die diese Neutronenbombe bereits haben oder sie produzieren wollen, sei es in Rußland oder in Amerika oder in Eu­ropa. Mag man auch mit einer soge­nannten „Abschreckung“ argumen­tieren, so darf nicht übersehen wer­den, daß diese Art der Abschreckung eine Entartung der Friedenssituation darstellt und die Christen am Beispiel Jesu zum Gebot Gottes „Du sollst nicht töten“, sei es gelegen oder unge­legen, klar Stellung beziehen müssen.

Folgende Grundsätze sind heraus­zustellen:

• DieNeutronenbombeisteinedi- rekt gegen den Menschen gerichtete und in erster Linie den Menschen zer­störende Gewaltwaffe, die die ganze Unmenschlichkeit und Brutalität ei­ner diesseitigen Ordnungsgesellschaft kennzeichnet.

• Die Neutronenbombe ist ein Be­

weis, wie sehr die Unmenschlichkeit inmitten einer Zeit um sich greift, wo . Systeme und Ideologien ständig von humanitären Zielsetzungen sprechen, atier immer unmenschlicher werden.

Mit dieser Stellungnahme wird nicht eine politische Verurteilung der Regierungen des Ostens oder des We­stens durchgeführt, sondern eindeutig und klar an die sittliche Verantwor­tung aller, die in der Welt Macht ha­ben, appelliert.

So hält das römische Dokument der Päpstlichen Kommission für Ge­rechtigkeit und Frieden fest, daß wir heute nur eine sogenannte „Pseudosi­cherheit“ produzieren, die letztlich zu verurteilen ist, weil sie keine Sicher­heit, keinen Frieden und keine menschliche Gesinnung auferbaut.. .

Weiter wörtlich: „Wenn der verur­sachte Schaden in keinem Verhältnis mehr steht zu den Werten, die man zu wahren sucht, ist es besser, Unrecht zu leiden, anstatt sich zu verteidigen, zumindest, wenn es sich um eine Ver­teidigung mit solchen Mitteln han­delt. Denn das Recht und die Pflicht eines aktiven, wenn auch gewaltlosen Widerstandes gegen ungerechte Un­terdrückung bleiben im Namen der Rechte und der Würde des Menschen unangetastet.“

Da die Rüstung, wenigstens grund­sätzlich, nicht mehr die Verteidigung, sondern den Angriff als Ziel hat, ver­liert sie ihren Seinsgrund, ihre Recht­fertigung und Legitimität.

Und das ist genau das, was wir der­zeit erleben. Der Rüstungswettlaufist ein Wettlauf der Macht geworden, er ist bereits ein Mittel geworden, den schwächeren Nationen oder gar den gegnerischen Machtblöcken eine Herrschaft aufzuzwingen. Er steht da­her im Dienst eines eindeutigen Impe­rialismus und Neukolonialismus. Er erlaubt den Großmächten eine neue Aufteilung der Welt unter sich. (vgl. Erklärung der römischen Justitia- ft-Pax-Kommission 1977, 1. Teil).

Das II. Vatikanische Konzil stellte grundsätzlich fest: „Jede Kriegshand­lung, die auf die Vernichtung ganzer Städte . .. und ihrer Bevölkerung un­terschiedslos abstellt, ist ein Verbre­chen gegen Gott und gegen den Men­schen, das fest und entschieden zu verwerfen ist.“ (GS, Nr. 80) Vgl. Do­kument der päpstlichen Kommission, anfangs 1977 publiziert.

Die Neutronenbombe ist wie die SS 20, die sich drohend vom Osten gegen Europa richtet, ein eindeutiges Machtmittel, das von den einzelnen Machtblöcken produziert wird. Diese Produktion solcher gewalttätiger und vor allem die Menschenwürde enteh­render Waffen ist abzulehnen, gleich ob sie, wie im Falle der USA, von der zuständigen Regierung deklariert oder, wie im Falle der UdSSR, ver­schwiegen werden.

Die Erzeugung dieser Art von An­griffswaffen wie der Neutronenbom­be ist ein falscher Einsatz der Geld­mittel, die die Menschen selbst erar­beiten. Dieser Einsatz für militärische Zwecke bedeutet eine Verlangsamung oder eine Verminderung der Entwick­lungshilfe für die weniger begünstig­ten Länder.

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