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Ängste und Sorgen der Reichen

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Viele mögen sich bei den Wortmeldungen des Papstes gedacht haben: Was mischt sich die Kirche schon wieder ein? Sie kann doch nicht glauben, alle Länder würden sich christlichen Moralvorstellungen beugen.

Das Problem scheint doch klar zu sein: Der Welt droht eine existenzbedrohende Überbevölkerung. Daher müssen rasch weltweit alle geeigneten Mittel zur Bewältigung dieser Bedrohung eingesetzt werden. Natürlich müsse man berücksichtigen, daß es unterschiedliche kulturelle Voraussetzungen gibt. Darum einige man sich auf das technische Machbare und lasse die Werte aus dem Spiel.

Sehen wir einmal von der Frage ab, ob tatsächlich Überbevölkerung droht, was fragwürdig ist (FURCHE 26/1994), so läßt sich jedenfalls eines festhalten: Das Festschreiben von sexuellen und Reproduktionsrechten ist eine enorm wertbeladene Entscheidung. Sobald dem einzelnen Fortpflanzungsrechte ohne jeglichen Bezug zu anderen Personen eingeräumt werden, so betrifft dies unausweichlich das Verständnis von Ehe, Familie und Sexualität. Diese mögen im einzelnen kulturell verschieden sein, die internationalen Festlegungen werden aber bestimmt nicht spurlos an ihnen vorübergehen.

Was bei Annahme des Vorbereitungspapiers in seiner derzeitigen Fassung ganz sicher geschieht, ist der Export des liberalen, auf totale Emanzipation des einzelnen aus- gerichteten Gesellschaftsmodells. Indem der Papst die Werthaltig- keit der vorgelegten Texte hervorhebt, macht er bewußt, daß man über Fortpflanzung und Sexualität nicht wertfrei reden kann.

Und noch eines: Die Bevölkerungspolitik verteidigt die Interessen der um ihren Wohlstand bangenden Industrieländer, die sich zur Durchsetzung ihres Anhegens der unter ihrem Einfluß stehenden internationalen Organisationen bedienen. Die USA verfolgen diese Politik schon seit Jahrzehnten, wie Dokumente aus der Nixon-Ära belegen.

So heißt es im „National Security Study Memorandum 200“: „Die politischen Folgen verschiedener defhographischer Entwicklungen in den am wenigsten entwickelten Ländern… verschlechtern die innerstaatlichen und internationalen Beziehungen… Diese Situation birgt die Gefahr von Sicherheitsproblemen auch für die Vereinigten Staaten. Solche Umstände verringern die Chancen, Fremdkapital anzulocken, um das Wirtschaftswachstum zu erhöhen. Auch die Enteignung von ausländischem Eigentum kann sich daraus ergeben…“

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