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Das Problem dieses Jahrhunderts

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Als das „eigentliche Problem dieses Jahrhunderts“ bezeichnet eine Denkschrift des deutschen Bundesministers für Farn i 1 i e n f r a g e n \ die dieser kürzlich der Oeffentlichkeit übergab, den Ausgleich der Familienlasten. Der deutsche Familienminister und der ausgezeichnete Beirat*, der ihm bei

dieser Arbeit zur Seite stand, können Sich dabei auf den international sehr angesehenen und leider viel zu früh verstorbenen Kieler Soziologen und Bevölkerungswissenschafter' Gerhard Mackenroth berufen. Sie können sich ferner auf die „von der deutschen und ausländischen Wissenschaft schon lange vertretene Ueberzeugung“ berufen, „daß ein allgemeiner und umfassender Familienlastenausgleich Voraussetzung für jede soziale Neuordnung ist“.

Damit sind Schon zwei sehr beachtliche Vorzüge dieser Denkschrift gekennzeichnet: Erstens die Tatsache, daß sie die im Zusammenhang mit der Durchführung des Familienlastenausgleichs auftauchenden Fragen mit großer Gründlichkeit anpackte, und — zweitens — der ebenso anerkennenswerte Umstand, daß diese Denkschrift auf sehr gediegenem wissenschaftlichem Niveau argumentiert. Ihre geradezu sachlich-lakonischen Formulierungen machen sie trotz ihres relativ geringen Umfanges (28 Seiten Großformat) zu einem beachtenswerten Dokument.

Diese Denkschrift ist für die österreichische Familienpolitik aus mehreren Gründen von Bedeutung. Erstens muß es für diejenigen, die für die Grundsätze des Ausgleiches der Familieniasten in unserem Lande verantwortlich zeichnen, eine Quelle der Befriedigung sein, feststellen zu können, daß auch die Experten in unserem westlichen Nachbarland — in vielen Fällen geradezu wörtlich — zu denselben Ergebnissen gelangten: Die Familie ist, wirtschaftlich gesehen, ein ganz neues Problem. Seit der Industrialisierung bedeuten Kinder wirtschaftlich nicht mehr Gewinn, sondern „Belastung“. Staat und Oeffentlichkeit wurden auf diese Entwicklung erst aufmerksam, als die Familien begannen, die Konsequenzen aus der veränderten Situation zu ziehen, d. h. die Kinderzahl radikal einzuschränken. Schon bei drei Kindern (in Oesterreich braucht man gar nicht auf eine so große Zahl zu greifen!) geraten die Mehrzahl aller Arbeitnehmer und Selbständigen in den Bereich des Existenzminimums und der Fürsorgesätze oder gar darunter. Bei mittleren und höheren Einkommen hat das Größziehen mehrerer Kinder überwiegend den Abstieg in eine tiefere soziale Schicht zur Folge, wodurch der durch besondere Leistung erreichte Aufstieg illusorisch wird. Vor Erörterung oder Durchführung weiterer Einzelmaßnahmen sei es notwendig, eine Gesamtkonzeption zu gewinnen, in welchem Ausmaß und nach welchen Grundsätzen ein Ausgleich der Familienlasten durchgeführt werden soll Nach Auffassung des Bundesministers Dr. Franz Joseph Wuermeling

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