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Über den Ausbau der Raiffeisenkassen

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Im Tun und Handeln kommt alles darauf an, daß die Objekte rein aufgefaßt und ihrer Natur gemäß behandelt werden.

(Goethe)

Jede Zielsetzung birgt die Verpflichtung in sich, das angestrebte Ziel zu erreichen oder ihm wenigstens möglichst nahe zu kommen.

Da die Raiffeisenkassen die Förderung des Erwerbes und der Wirtschaft ihrer Mitglieder bezwecken, müssen sie zunächst auf die Erfordernisse der Mitglieder im Geld- und Kreditwesen Bedacht nehmen, denn ansonsten wäre jedes Bemühen umsonst.

Die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Mitglieder sind aber so wie die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse einem steten Wandel unterlegen. Speziell das Geld- und Kreditwesen, das einen der wichtigsten Leistungsbereiche der Wirtschaft darstellt, hat sich in den letzten Jahrzehnten im besonderen Maße fortentwickelt. Seit dem letzten Weltkrieg haben sich auch in Oberösterreich, wo die Kreditgenossenschaften nach dem System Raifleisen nunmehr ein dichtes Netz von Geldinstituten unterhalten, diesbezüglich große Veränderungen ergeben. Im Zug der arbeitsteiligen Wirtschaft hat das Geldkapital an Bedeutung zugenommen und der Zahlungsverkehr ist immer intensiver geworden. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß sich einerseits die Landwirtschaft in geradezu revolutionierender Weise umgestellt hat und noch immer in Umstellung begriffen ist und nunmehr nicht mehr arbeitsintensiv, sondern nur unter Einsatz teurer landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte und einer Menge von Produktionsmitteln geführt werden kann. Anderseits hat sich auch die Struktur der Landbevölkerung geändert, so daß die Raiffeisenkassen neben Landwirten immer mehr Arbeiter und Angestellte,

Handel- und Gewerbetreibende zu ihren Mitgliedern zählen.

Die Folge davon ist, daß die Raiffeisenkassen heute mit Rücksicht auf ihre Mitglieder und Kunden eine viel intensivere Geschäftstätigkeit entfalten müssen als vor dem Krieg. Ohne hauptberuflich tätiges Kassenpersonal und ohne eigenes Bankgebäude geht es fast nicht mehr.

Trotzdem haben die Raiffeisenkassen dem Förderungsauftrag nach wie vor als genossenschaftliche Einrichtungen nachzukommen. Das heißt, daß sich ihre Mitglieder, die sich zu einer Kreditgenossenschaft zusammengeschlossen haben, durch ein besonderes Verhältnis zu ihrem Geldinstitut, das hauptberufliche Angestellte beschäftigt, auszeichnen müssen. Auch diesbezüglich ist die Situation anders als früher. Denn ursprünglich gab es keine genossenschaftlichen Geldinstitute. Wären doch die Kreditgenossenschaften im Grunde genommen nichts anderes als bessere Sparvereine, die sich erst mit der Fortentwicklung des Geld- und Kreditwesens auf dem Lande Geldinstitute als ihre Instrumente geschaffen haben.

Es wäre daher zu wenig, nur die technische Ausgestaltung der Raiffeisenkassen voranzutreiben. Wir glauben vielmehr, daß es darüber hinaus notwendig ist, den Mitgliedern nach Auflösung der alten, traditionsgebundenen Sozialgebilde, wie der Dorfgemeinschaft, die vielfach mit dem Einzugsbereich einer Raiff-eisenkasse zusammenfiel, den Wert freiwilliger Zusammenschlüsse, die in Selbstverwaltung geführt werden können, bewußt zu machen, ihr Interesse am genossenschaftlichen Geldinstitut wachzuhalten und sie durch Ausbildung zur Selbstverwaltung zu befähigen.

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