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Drei Wege zwischen der Kirche und der Kultur

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In der Symposien-Reihe „Wovon morgen leben?“ des Pastoralreferats für Wissenschaft und Hochschulen ging es jüngst um den „Lebensfaktor Kultur“. Es begann mit zwei Vorträgen: über „Die Funktion der Erziehung heute“ (Univ.-Prof. Marian Heitger) und „Verantwortung und Sorge für die Kultur“ (Prof. Ignaz Zangerle). In einer Abrechnung mit den praktisch-experimentellen und den theoretischen Arbeiten der Pädagogik der sechziger und^iebziger Jahre verneinte Heitger die Frage, ob es ausreiche, daß das Schulsystem zu vorgebildeten Qualifikationen ausbilde.

Das Verhältnis zwischen Kirche und Kultur umschrieb Zangerle einerseits mit „Kulturindifferenz der Kirche“, anderseits mit „Entsakrali-sierung der Kultur“. Plausibel führte er diese Situation, so leidvoll sie erfahren wird, auf ein neues Kirchenverständnis zurück, auf ein Sichzurückholen der Kirche aus einer Kultur, die wesentlich von ihr mitgestaltet worden ist; auf ein Sichfreimachen für die Möglichkeiten einer künftigen Weltzivilisation. Das enthebe aber nicht von der Forderung, daß die Christen sich um „Kulturmündigkeit“ bemühen.

Prälat Karl Strobl wies auf drei Wege im Verhältnis von Kirche und Kultur:

• der integralistische Weg, am Beginn des Jahrhunderts von Richard v. Kralik geführt, mit dem Versuch, die Kultur und ihre Leistungen für den Dienst der Kirche zu vereinnahmen,

• die esoterische Haltung, der Verzicht auf Kultur und Kulturverantwortung, der heute weithin in der Kirche bestimmend ist; die freiwillige Auswanderung aus den Lebensund Sachbereichen, obwohl doch „Gaudium et Spes“ im Zweiten Vati-kanum die Katholiken auf die innigen Zusammenhänge von Religion und Kultur aufmerksam gemacht hat; .

• schließlich ein dritter, „offener“ Weg, der - so Strobl - zu suchen sei i (daß es diesen Weg geben kann und auch wirklich gab, zeigte wohl.die häufige Erwähnung von Ludwig von Ficker und Otto Mauer).

Der Soziologe Univ.-Prof. Erich Bodzenta arbeitete die soziale Funktion der Kultur heraus. Wie kommt es zu kulturellen Innovationen, zu Modellen der Kommunikation? Wer entwickelt sie? Woher kommt die Fähigkeit dazu? Die heutige Arbeitspraxis zeige wachsende Distanzierung des Menschen von der Natur, aber auch von Maschinen und Gegenständen. „Arbeit wird in der Hauptsache ein Spiel zwischen Personen. Unsere Wirklichkeit ist in erster Linie die soziale Welt. Die Kultivierung des Umgangs mit seinesgleichen wird daher zur Hauptaufgabe“.

„Von den Anfangen des Schöpferischen im Menschen“, im Kindesalter, sprach Sektionschef ä. D. Agnes Niegl. - Wie gehen wir mit den schöpferischen Kräften der Kinder um? Was steht der Entfaltung entgegen? Die Gesellschaft kann auf schöpferisches Tun nicht verzichten. Der vorherrschenden Intellektualisierung im Schulwesen stellte Agnes Niegl die Ganzheit - von „Kopf, Herz und

Hand“ - des Menschen entgegen. Der Mord am Schöpferischen sei der „bethlehemitische Kindermord unserer Zeit“.

Mit dem Thema „Kultur un'd Transzendenz“ setzte sich Prof. Günter Rombold, Mitherausgeber der Zeitschrift „Kunst und Kirche“, auseinander. Eine „Theologie der Kultur“ skizzierte der Pastoraltheologe Prof. Wilhelm Zauner, wobei es ihm besonders um die Interdependenz zwischen Kultur und.Theologie ging: der Theologie komme eine kritische Funktion zu, aber die Kultur wirke ihrerseits auf die Theologie zurück.

Vizebürgermeister Erhard Busek verfolgte die „Kultur als Politikum“ von der historischen Trennung von Macht und Kultur, Machtpolitik und Kulturpolitik in der Aufklärung an, und stellte eine Reihe von pointierten kulturpolitischen Thesen auf. „Politik hat die Aufgabe, die Selbstbestimmung des Menschen zu wollen.“ Die Kirche, wünschte sich Busek, solle eine ständige Provokation bezüglich des Verhältnisses Politik/Kultur sein.

Gerfried Sperl („Kleine Zeitung“, Graz) bezeichnete die Sprache allgemein als das Kernproblem einer „Medienkultur“, und näherhin die „Sprachlosigkeit christlich motivierter Leute in den Medien“ als Ärgernis. Anderseits wies Sperl auf die bedeutenden Chancen hin, die mit der Entwicklung der elektronischen Medien gegeben sind und durch den neugegründeten Club „M“ auch bereits wahrgenommen werden.

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