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Ein bißchen Großmut wäre schön

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Kreisky bleibt, Benya bleibt, der Konferenzzentrums-Frust bleibt auch. Nummer zwei ist eine gute Nachricht.

Die zwei Jahre, die der ÖGB-und Nationalratspräsident jünger als der Kanzler ist, reichen als Erklärung natürlich nicht. Warum sich darüber trotzdem auch viele NichtSozialisten freuen?

Weil Benya bescheiden geblieben ist, ohne Trotz und Drohung weiterdient und uns nie vorgespielt hat, daß er unersetzbar wäre. Niemand ist das.

Kreisky hat sich uns wegen des Ernstes der Lage als unersetzlich verordnet, obwohl diese Lage weniger ein Festhalten an konservativer Krisenverwaltung, als vielmehr Phantasie und Mut zu neuen Wegen verlangt.

Der Gesundheitsminister hat dem Kanzler Regierungsfähigkeit im Schongang attestiert und damit eigentlich Regierungsunfähigkeit, denn er weiß, daß dies keine Zeiten für Regieren im Schongang sind und Kreisky kein Schongang-Kanzler.

Sei's drum: Der Kaiser der Republik wird wieder kandidieren und mit dem Respekt auch jener rechnen können, die das Amt über die Person und das Land über den Thron stellen können. Persönlich seien ihm Gesundheit, Weisheit und Fortune gewünscht.

Er selbst würde es freilich allen, die er weiterregieren möchte, um vieles leichter machen, könnte er sich zu einem Quentchen Großmut aufraffen. Seine Reaktionen auf das Volksbegehren sind leider das Gegenteil davon.

Das jetzt vier Jahre alte Parteiprogramm der SPÖ verhieß uns eine „Verstärkung der Einrichtungen direkter Demokratie” (Punkt 3.1.1) und nicht die Verächtlichmachung der bisher mit Abstand meisten Volksbegehrensunterzeichner, von denen der Kanzler sehr genau weiß, daß auch viele Sozialisten unter ihnen sind.

„Demokratischer Sozialismus kann kein verordneter Sozialismus sein”, verkündet das Programm — und Kreisky verordnet weiter das Milliardenmonster.

Seine Begründung ist und bleibt absurd: Weil er im Fernsehen die Parole „Nicht hingehen!” ausgab, sollen die 75 Prozent, die nicht hingegangen sind, jetzt als Anhänger des Neubaues vereinnahmt werden!

Sind alle Nichtwähler Anhänger einer Partei, die eine Nicht-wahlparole ausgibt? Ist Kreisky ein Minderheitskanzler, weil 53,5 Prozent der Wahlberechtigten 1979 seine Partei nicht wählten?

Rasch ordnete der Kanzler auch noch „alles Malheur” der Geschichte der „klerikalen Ecke” Österreichs zu, die offenbar nun auch das Konferenzzentrum vermiest. Für Einfachdeutungen war Kreisky schon immer gut — auch 1974, als er sagte: „Ich behaupte, daß es nichts Beängstigenderes gibt als die lange Herrschaft einer Partei, die in Routine und Administration erstarrt.”

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