6881226-1979_10_08.jpg
Digital In Arbeit

Ein Leben für Gott und Kirche

Werbung
Werbung
Werbung

Karl Rahners Theologie hat nicht zuletzt darum so viel Aufnahme und Anerkennung gefunden, weil sie radikal und unbestechlich aus einer großen Glaubenserfahrung lebt. Am Ursprung dieses theologischen Denkens steht bei aller „Gelehrsamkeit“ und einer außerordentlichen philosophischen Begabung eine tiefe Gläubigkeit, die mit einer seltenen Leidenschaft für den unbegreiflichen Gott und einer zwar verhaltenen, aber dafür um so treueren menschlichen Nähe und Güte einhergeht.

Obgleich diese Theologie zutiefst vom Schicksal menschlicher Endlichkeit, vom Scheitern in dieser Welt und von der Not des Kreuzes weiß, wird sie nie weltflüchtig. Uberall, in allen Situationen des Lebens und auch noch in der Stunde des Todes ist ein Ort, wo man der unverbrüchlichen Heilszusage Gottes begegnen und sie annehmen kann. Am Grunde dieser Theologie steht die fast unbe-siegliche Hoffnung der Gnade, der Mensch werde und könne sich der Heilseinladung Gottes kaum versagen; der bittere Ernst ewigen Heilsverlustes braucht deshalb nicht geleugnet zu werden, sondern unterstreicht nur die Dringlichkeit dieser Heilshoffnung.

Aus diesem Grunde hat Karl Rahner auch ein neues Verhältnis zu den Menschen außerhalb der katholi-

schen Kirche und der christlichen Kirchen gewonnen, ja auch zu denen, die man „Atheisten“ nennt. Für unzählige Menschen spricht in seinen Gebeten und Meditationen einer, dem man deshalb Glauben schenken darf, weil er das, wovon er spricht, wirklich erfahren hat und in seiner eigenen Existenz verbürgt.

Unverkrampft und ohne irgendeinen Anflug von Ideologie wird überzeugend dargetan, daß man Gott in allen Dingen finden kann. Dieser Glaube erweist sich darum als im besten Sinne brüderlich, weil er alle Fragen des Menschen mutig aufzugreifen bereit ist, sie aufrichtig teilt, geduldig durchträgt und keiner wirklichen Not durch Ausflüchte aus dem Weg geht.

Weil die Antwort Gottes unser Fragenkönnen stets übersteigt und das harte, nüchterne Bohren dem geistig wachen Christen und dem Menschen als solchem eigen sein muß, darum gibt es auch keine Frageverbote und keinen falschen Stolz auf irgendeinen unantastbaren und endgültigen „Besitz“ an Erkenntnissen.

Dabei geht es freilich nie um ein Denken, das sich selber sucht oder in sich kreist, um die Attitüde leeren „Hinterfragens“ oder um eitle Besserwisserei. Keine Frage ist zu „dumm“. Alles wird nach möglichen freien Ausblicken abgetastet. Keine

Abhandlung entläßt den Leser bei beruhigten Antworten, aber es gibt auch keine, die sich am Ende nur in hohlen Fragen erschöpfte.

Eine solche Kühnheit grenzenlosen Fragens kann sich in Dingen des Glaubens nur leisten, wer zugleich weiß, daß er nicht die Wahrheit hervorbringt, sondern diese ihm bei allem schöpferischen Suchen geschenkt wird. Theologie kann nur das immer neu fragende Bedenken des Wortes sein, das als Bekenntnis und Entscheidung in der Kirche gegeben ist.

Gerade wo die Wahrheit ganz und umfassend ist, kann sie am allerwenigsten bloß subjektiv sein. Solche Wahrheit des Glaubens ist damit bei aller personalen Grundstruktur im letzten der Sphäre des rein Privaten und Behebigen entzogen und besteht nur voll in der Interkommunikation. Sie braucht darum lebensnotwendig den Kontext der kirchlichen Lebenswelt und darin den Dialog. Aber sie bleibt gerade als so verstandene Wahrheit an so'etwas wie Institutio-nalüätgefeMnjden;!^^^ ümh tau

Karl Rahner fürchtet diese enge Zusammengehörigkeit von Wahrheit und Institution nicht, weil er einerseits nicht die wahre Freiheit des einzelnen scheut, wohl aber der Beliebigkeit der Subjektivität wehrt, anderseits um das Wohltuende der An-dersheit und das Rettende der Fremdheit der Wahrheit weiß, welche jedoch nicht bare Unverständ-lichkeit und reine Faktizität werden dürfen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung